Donnerstag, 25. Februar 2016

Totale Diskriminierung von Männern - mit Gütesiegel!

Zu Themen wie Gender Mainstreaming, Gleichstellung oder Frauenquoten ist eigentlich zwar schon alles Prinzipielle oft genug gesagt worden, aber es ist trotzdem immer wieder lehrreich und unterhaltsam, sich besonders krasse Einzelfälle anzusehen. Außerdem verschafft so ein Rant eine gewisse mentale Erleichterung.

Heute also im Angebot: das Total Equality-Prädikat.

Vorweg und um Irrtümern vorzubeugen: Total Equality ist nicht die Steigerung der feministischen Dystopie #Equality - zumindest offiziell nicht, denn neben dem fast gleichen Titel findet man deutliche inhaltliche Überschneidungen. Die Total-Equality-Kampagne ist allerdings viel älter als Neel Kolhatkars Kunstwerk und ist außerdem keine als schwarzer Humor getarnte Gesellschaftskritik, sondern wirklich ernst gemeint und von realen Auswirkungen begleitet.

"Wollt ihr den totalen Geschlechterkrieg?"

Wieso wollen? Ich dachte, wir hätten ihn längst.

Auf deutschem Boden sollte man vorsichtig sein mit dem Begriff "total" - schon geringe Geschichtskenntnisse reichen aus, um eine Verbindung herzustellen zu zwei totalitären Regimes in unserer jüngeren Vergangenheit. Zumal dann, wenn man zugleich mit dem Begriff "total equality" suggeriert, im Politischen Wertedreieck einer radikal egalitären Ideologie zugehörig zu sein, also eine klare Präferenz für eines der beiden totalitären Regimes zu haben und eine Art "Gender-DDR" anzustreben.

Aber lassen wir die politische Selbstverortung der Kampagne zunächst beiseite und sehen wir uns an, was die Kampagne wirklich macht und was das Prädikat in der Realität bedeutet.

Highlights aus der Total-Equality-Selbstdarstellung

  • Bis zum Jahr 2015 wurden insgesamt 615 TOTAL E-QUALITY-Prädikate an 283 Organisationen verliehen. 172 von ihnen haben das Prädikat bereits mindestens einmal erfolgreich verteidigt, 27 davon konnten bereits den Nachhaltigkeitspreis (Erhalt des Prädikats zum fünften Mal) erlangen.
  • Die 283 Organisationen haben insgesamt ca. 2,5 Millionen Beschäftigte und ca. 800.000 Studenten.
  • Das Prädikat bescheinigt, daß die Organisation Ressourcen aus dem Potenzial und den besonderen Fähigkeiten der Frauen gewinnbringend einsetzt.
Ob Männer auch besondere Fähigkeiten haben können und diese außerdem sogar gewinnbringend einsetzbar sind, kann hier offenbleiben, zumindest aus Sicht des Prädikats wäre es nicht berichtenswert. Redaktioneller Hinweis: Die Angaben sind i.w. wörtliche Zitate aus den Selbstdarstellungen und höchstwahrscheinlich ernst gemeint (an dieser Stelle der übliche Hinweis auf Poe's Law).

In der Selbstdarstellung des Trägervereins TOTAL E-QUALITY Deutschland e. V. lesen wir weiter, daß man

  • "Chancengleichheit" etablieren und nachhaltig verankern möchte und dieses Ziel als erreicht ansieht, wenn Begabungen, Potenziale und Kompetenzen beider Geschlechter gleichermaßen (an-)erkannt, einbezogen und gefördert werden,
  • den Schwerpunkt bei der Erreichung dieser hehren Ziele auf die Förderung von Frauen in Führungspositionen legt, also auf eine "chancengerechte" Personalbeschaffung und -entwicklung und die Berücksichtigung von "Chancengleichheit" in den Unternehmensgrundsätzen,
  • "Chancengleichheit" auf breiter Basis zu verwirklichen will,
  • Unternehmen dazu bringen will, Daten zur "Chancengleichheit und insbesondere zu Frauen in Führungspositionen" sowie ihre Ziele öffentlich darstellen.

Wir können jedenfalls schon einmal festhalten, daß wir hier nicht von Peanuts reden, sondern mehrere Millionen Betroffene zu beklagen sind, und daß die Kampagne bzw. deren Akteure meinen,

  • Frauen hätten besondere Fähigkeiten, die Männer - biologische Männer vermutlich - nicht haben: Empathie usw., kennt man ja,
  • "Chancengleichheit" zeige sich vor allem an der Zahl der Frauen in Führungspositionen und
  • Chancengleichheit könne man herstellen (oder verbessern), indem man Frauen besonders fördert und ihnen Vorteile beim Wettbewerb gegen Männer verschafft.

Totale Frauenförderung

Wer jetzt immer noch nicht verstanden hat, wo der Hammer hängt, also daß Chancengleichheit als einseitige Frauenförderung zu verstehen ist, dem wird zuvorkommenderweise ein "Quick-Check" angeboten. Damit kann man prüfen, welche der eigenen bisherigen Maßnahmen die Chancengleichheit unterstützen. Die 12 Fragen zum Thema "Es gibt in Ihrer Organisation schon vorbildliche Beispiele?" - man beachte das Wertende im Begriff "vorbildlich" - betreffen zur Hälfte (Nr. 1-5 und 8) ausnahmslos Frauen und deren bevorzugte Behandlung in allen möglichen Kontexten. Die weiteren Fragen sind zwar geschlechtsneutral formuliert, fragen aber nach Maßnahmen, die überwiegend Frauen interessieren. Bei Fragen wie "Bilden Sie in Ihrer Organisation gezielt gemischte Teams?" rätselt man indessen als Nichtfanatisierter, welcher Zusammenhang zwischen Chancengleichheit und einem alles durchdringenden Geschlechterproporz bis hin zur untersten Arbeitsebene bestehen soll.

Ein Blick in die Bewerbungsbögen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen bzw. für Wirtschaft, Verwaltung und Verbände vertieft diesen Eindruck: In Dutzenden von Fragen wird nach der gezielten und einseitigen Förderung von Frauen bzw. Mitarbeiterinnen gefragt. Einzutragen und wertvoll ist jede Frauenförderung, auch dort, wo Frauen schon erheblich im Vorteil sind. Von Männern interessieren allenfalls Väter, genauer gesagt solche, die unbedingt Elternzeit nehmen wollen und die somit den Frauen karrieretechnisch nicht im Weg stehen wollen.

Bewerber aus dem Wissenschaftsbereich erhalten den zusätzlichen Tip, daß das total-equality-Prädikat mit dem Professorinnen-Programm des BMBF (das bekanntlich dazu dient, verfassungswidrig Männer bei der Besetzung von Professuren auszuschließen) "korreliert". Der genaue Korrelationskoeffizient ist leider nicht angegeben, vermutlich soll nur generell angedeutet werden, daß vor allem solche Universitäten das equality-Prädikat erhalten, für die verfassungswidriges Verhalten kein Problem ist. Pluspunkte gibt es natürlich auch für die Förderung der Gender Studies.

Sofern immer noch Fragen bestehen, wird man an eine Mitarbeiterin im CEWS verwiesen - das Center of Excellence Women and Science (CEWS) gilt als führende feministische Hochburg und verfügt über excellente Kenntnisse in allen Methoden der Frauenförderung und -Bevorzugung und eine kaum noch überblickbare Liste von Lobbying-Kontakten.

Der Begriff "total" im Namen des Prädikats wird jedenfalls durch diese Handreichungen und Informationsmaterialien ziemlich deutlich - es geht um eine totale Überwachung aller betrieblichen Vorgänge, bei denen Interessen von Frauen involviert sind, und die lückenlose Bevorzugung von Frauen durch Verfahrensregeln, Involvierung der "Gleich"stellungsbeauftragten und beliebige weitere kreative Maßnahmen.

Kampfbegriff "Chancengleichheit"

Auf der Seite, aus der oben zitiert wurde, findet man den Begriff "Chancengleichheit" alleine ca. 10 Mal. Google findet bei der Suche nach Chancengleichheit im Webauftritt total-e-quality.de ungefähr 259 Ergebnisse, während der oft synonym benutzte Begriff Chancengerechtigkeit mit "nur" 21 Ergebnissen abgeschlagen auf Platz 2 der Beliebtheitsskala landet.

Sowohl Chancengleichheit wie Chancengerechtigkeit sind seit Jahrzehnten in der politischen Debatte heftig umstrittene Kampfbegriffe - natürlich ist jeder dafür, daß alle irgendwie "die gleichen Chancen" haben oder - wenn das nicht möglich ist - die Chancen wenigstens irgendwie "gerecht" verteilt sind. Die beiden Begriffe werden regelmäßig verwechselt, es ist nämlich durchaus anstrengend, sie zu präzisieren:

  • Was ist überhaupt eine "Chance"?
  • Wie kann man die Höhe einer Chance messen oder zumindest die Gleichheit mehrerer Chancen bestimmen?
  • In welchen Kontexten sind "gleiche Chancen" wichtig?
  • Welchen Preis ist man bereit, für gleiche Chancen zu zahlen?
  • Kann man die Leute zwingen, Chancen zu nutzen, oder gibt es so etwas wie Selbstverantwortung?
Man kann diese Fragen kaum beantworten, ohne ideologische Annahmen über die Menschen und die Gesellschaft zu machen - das lassen wir hier lieber und stellen fest, daß das zentrale Themen genereller politischer bzw. weltanschaulicher Debatten sind und daß aus den Ecken des schon oben erwähnten politischen Wertedreiecks ganz verschiedene Antworten kommen. Chancengleichheit ist übrigens der bevorzugte Begriff in der Linken oder der SPD (und wird dort oft als Ergebnisgleichheit verstanden), während Chancengerechtigkeit ein typisch liberaler Begriff ist, aber oft auch von CDU-Anhängern benutzt wird. Insofern kann man die beiden Begriffe als Gegensätze ansehen.

Die Häufigkeitsverteilung der beiden Begriffe auf der total-e-quality.de-Seite geht mit ca. 92% Stimmenanteil klar zugunsten der Linken bzw. SPD aus. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn man die offensichtlich extrem einseitige ideologische Ausrichtung der Kampagne nicht hinter der Frauenfrage und weihevoll verliehenen Gerechtigkeitsprädikaten verstecken würde.

Fazit

Man braucht ja gelegentlich Beispiele, wie doppelzüngig feministische Propaganda ist und daß Begriffe wie "Gleichstellung", "Chancengleichheit" oder Gender Mainstreaming immer als einseitige Frauenbevorzugung zu interpretieren sind. Das Total Equality-Prädikat ist ein besonders schönes Beispiel, weil die Doppelzüngigkeit ganz offiziell in den Bewerbungsunterlagen dokumentiert wird und weil mehrere 100.000 männliche Studenten und über 1 Mio. männliche Arbeitnehmer von den prämierten Diskriminierungen betroffen sind, das ganze also nicht als Peanuts abgetan werden kann.

Das Prädikat liefert natürlich auch sehr wertvolle Informationen für männliche Bewerber, daß sie in diesen Unternehmen bzw. Universitäten systematisch diskriminiert werden und - sofern nicht masochistisch veranlagt - besser von einer Bewerbung Abstand nehmen sollten. Insofern sind die oft 4-stelligen Gebühren für den Erwerb des Prädikats tatsächlich gut investiert.