Dienstag, 12. April 2016

"End-of-men"-Feminismus reloaded

Inhaltsübersicht

Arme Frau? Armer Mann? Arme ZEIT!

tl;dr Die meisten feministischen Presseartikel zeichnen ein Bild der unterdrückten Frau und beschwören das Opferabo. Im scheinbaren Widerspruch dazu erscheinen ab und zu Presseartikel, die das Bild von sehr "starken Frauen" zeichnen, die "den Männern" in jeder Hinsicht überlegen sind und vor denen die Männer Angst haben (sollen). Der Widerspruch zum Opferabo ist insofern nur scheinbar, als mit solchen Texten ein anderes, und eher karriereorientiertes Segment des weiblichen Publikums bedient wird. Wir analysieren ein Beispiel eines solchen Artikels und die darin vorkommenden Diskursstrategien. Für Männer, die ebenfalls karriereorientiert sind, ergeben sich einige interessante Schlußfolgerungen.
Kürzlich erschien in der ZEIT - sogar in der Druckausgabe, die eine hohe mediale Reichweite hat - ein bemerkenswerter Artikel: "Arme Frau? Armer Mann!" von Cathrin Gilbert. Der Artikel fällt in die Kategorie der "end-of-men"-Texte, die in letzter Zeit selten geworden ist.

Ein paar Worte zur Einordnung: In unseren feministisch geprägten Leitmedien erscheinen jährlich hunderte Artikel, die fast alle das Leid der armen, vom Patriarchat unterdrücken Frauen beklagen und weitere feministische Dogmen unters Volk bringen. In homöopathischen Dosen kommen auch Artikel vor, die deutliche Feminismuskritik oder zumindest Elemente einer solchen Kritik enthalten, z.B. vonRoenne (2015) oder Lobo (2016), und die obdessen umgehend vom etablierten medialen Feminismus niedergemacht werden oder deren Autorinnen persönlich verunglimpft werden.

Ebenfalls nicht zum dominierenden Jammerfeminismus paßte die Welle der "end-of-men"-Artikel, die in 2010 von Hanna Rosin angestoßen wurde. Diese Artikel argumentieren diametral entgegengesetzt zum üblichen Jammerfeminismus - und widerlegen versehentlich dessen zentrale Argumente. Männer werden im "end-of-men"-Feminismus vor allem im beruflichen Kontext und in der Bildung als ehrgeizlose Verlierertypen portraitiert. Im privaten Bereich der persönlicher Beziehungen werden sie eher als Schmerzensmänner lächerlich gemacht. Frauen werden umgekehrt als stärker, erfolgreicher und generell überlegen dargestellt (natürlich ohne die soziale Ungleichheit als zu behebenden Nachteil oder sogar als Diskriminierung zu interpretieren). Rosin spricht konsequenterweise von einem aufkommenden Matriarchat.

Die Welle der "end-of-men"- bzw. Schmerzensmänner-Artikel ist nach meinem Eindruck aber inzwischen abgeflaut, zumindest in der deutschen Medienlandschaft. Ausnahmen in letzter Zeit waren Raether (2014) und Pauer (2014), ansonsten dominiert medial der Jammerfeminismus. Zu diesem Eindruck tragen natürlich mediale Großereignisse wie die EPD-Kampagne wesentlich bei.

Vor dem Hintergrund dieser feministischen medialen Dauerbeschallung lohnt es sich nur in Ausnahmefällen, sich mit einem Artikel einer Frau in einem Organ wie der ZEIT inhaltlich zu beschäftigen. Beim Text von Gilbert hatte ich diesen Eindruck (zumal sie nicht zu den Unterstützern von Pro-Quote gehört), da er das Psychogramm einer beruflich orientierten Powerfrau entwirft, mit der man(n) im realen Leben rechnen und auf die man passend reagieren können muß.

Klar ist natürlich, daß ein Medium wie DIE ZEIT stets die Absicht hat, "meinungsbildend" zu sein, vulgo den Leser manipulieren will, und daß man im Kontext der Geschlechterdebatte klar auf einer Seite steht und prinzipiell immer feministische Propaganda betreiben wird, dazu später mehr.



Die neue emanzipierte "Frau um die 30"

Zurück zum Text von Gilbert.
In der ersten Hälfte mokiert sich Gilbert, die sich zur "Generation der Frauen um die 30" zählt, über den Paternalismus der Feministinnen der "Generation 50 plus", konkret am Beispiel von Sabine Rückert ("Macht euch nicht klein!") oder Mariam Lau. Sie fragt sich, wieviel von deren Realitätswahrnehmung "noch mit unserer Welt von heute zu tun" hat. Wenig bis nichts, zumindest in der Welt, in der Gilbert lebt. Gilbert stellt ferner nüchtern fest, daß die Generation 50 plus im Rahmen der Pro-Quote-Bewegung allenfalls die eigenen Karrieren fördern will. Später fügt sie hinzu, weder beim "senilen Birkenstock-Feminismus" noch beim sogenannten Netzfeminismus mitmachen zu wollen und sich am liebsten "vom Feminismus verabschieden" zu wollen.

Im mittleren Teil des Textes geht sie dazu über, sich selber (bzw. ihre Peer Group, sie schreibt durchweg in "wir"-Form) als selbstbewußten Hochleister zu beschreiben, der zu seinen Fehlern steht, selber daraus gelernt hat und keine gutgemeinten Ratschläge braucht. Interessanterweise ist sie sich durchaus bewußt, daß sie "Beschützt. Begehrt. Gefördert." wird, "viele Vorteile - vor allem gegenüber gleichaltrigen Männern" hat und daß "einer Frau ihre Attraktivität hilft". Ihren Charme setzen jüngere Frauen heute "mit einer Mischung aus Naivität, Verletzbarkeit und Härte" bewußt ein, um sich beruflich durchzusetzen.

Im letzten Drittel geht sie auf die Männer in ihrer Generation ein, die ihr "seltsam hilflos, fast schutzbedürftig erscheinen". Die Männer seien "irritiert, und man merkt, dass sie es nicht gewohnt sind zu kämpfen" und "wirkten ... wie gelähmt von der weiblichen Übermacht". Auch privat seien die Männer kein "Gegenüber auf Augenhöhe" mehr und wüßten nicht, "wie sie jetzt mit uns Frauen umgehen sollen". Abschließend appelliert sie an den "Mut junger Männer ... nicht den gleichen Fehler [zu machen], den wir Frauen viel zu lange gemacht haben: jammern."

Die "neue emanzipierte Frau"

Mit etwas Distanz betrachtet liefert Gilbert ein Selbstportrait ab, von dem sie durch die ständige wir-Form ("wir Frauen") beansprucht, daß es ein normales, typisches Persönlichkeitsmuster ist. Die hier skizzierte Person ist enorm selbstbewußt, hat sich sowohl von der Eltern- bzw. Müttergeneration emanzipiert (Väter kommen nicht vor) als auch von "den Männern" ihrer Generation. Letztere werden als Jammerer und Verlierer wahrgenommen. Diese Kritik an "den Männern" ist nicht so ätzend wie bei Rosin oder so ins Lächerliche ziehend wie bei Pauer, aber klar von einer dominierenden Haltung ausgehend. Ich finde keine einzige positive Aussage über "die Männer" in dem Text. Zum Feminismus geht sie zwar formell auf Distanz, hat aber trotzdem genügend feministische Dogmen im unterbewußten Rucksack ("zu wenige Frauen an die Spitze von DAX-Unternehmen", "79 Tage mehr arbeiten, um auf das Gehalt unserer Kollegen zu kommen"), um für den etablierten Feminismus nicht wirklich gefährlich zu sein.

Dass hier präsentierte weibliche Rollenmodell ist hinsichtlich der Wahrnehmung "der Männer" eine weichgespülte Version der weiblichen Suprematie a la Rosin. Weichgespült bzw. besser anschlußfähig insofern, als der matriarchale Machtanspruch vermieden wird und Spott über die Versager und Jammerer durch dosiertes Mitleid und wohlgemeinte (maternalistische?) Ratschläge ersetzt wird. Argumentativ schwimmt dieses Leitbild indes auf der mittlerweile mehrere Jahrzehnte andauernde Welle vom "irritierten Mann in der Krise", der mit den neuen starken Frauen nicht klarkommt und dem der berufliche Ehrgeiz fehlt. Mit den guten alten Alpha-Mädchen hat diese neue emanzipierte Frau alle Haupteigenschaften gemeinsam. Auch die Alpha-Mädchen, die ab etwa 2007 heiß diskutiert wurden, waren schon flexibler, fleißiger, erfolgreicher als die Jungen und besonders ehrgeizig und selbstbewußt.

Der Text enthält ein halbes Dutzend Forderungen an "die Männer" der Form "Wir jungen Frauen wollen ... haben", keine einzige Absichtsbekundung, selber irgendetwas zu geben, oder Spekulationen darüber, was vielleicht die Männer wollen. Man kann argumentieren, daß die Männer besser selber formulieren, was sie von den Frauen wollen, und daß die offensichtliche feministische Egozentrik von daher in Ordnung ist. Festhalten kann man jedenfalls, daß dieses Leitbild eine sehr egozentrische Haltung propagiert. (An dieser Stelle bricht üblicherweise eine Diskussion aus, ob es sich bei vertauschten Rollen die Männer leisten könnten, irgendwelche Forderungen zu äußern, was die Frauen tun oder lassen sollen - der Shitstorm wäre absehbar. Lassen wir also den Rollentausch, der Hinweis sei aber gestattet, daß die stillschweigende Annahme, "die Männer" seien daran interessiert oder dazu verpflichtet, irgendwelche Forderungen "der Frauen" zu erfüllen, noch zu beweisen wäre.)

Reduktion des Geschlechterverhältnisses auf das Berufsleben

Das Wort "Kind" kommt im Text übrigens nicht vor, Thema ist fast ausschließlich das Berufsleben. Darin liegt eine ziemliche thematische Verkürzung, denn in den Debatten über das Geschlechterverhältnis finden sich wenigstens drei große Themenbereiche:
  1. Bildung, Beruf und Karriere
  2. private, sexuelle Beziehungen und Beziehungsanbahnung, sexuelle Belästigung von Frauen und entsprechende Aufschreie
  3. Kinder bzw. die Rolle als Vater und Mutter
Diese Themenbereiche überschneiden sich zwar in vieler Hinsicht, z.B. hinsichtlich der Psychologie von Frauen und Männern, haben aber dennoch eigene Randbedingungen und deutlich andere Kontexte. In diesen Themenbereichen werden auch ganz verschiedene Klagen über den "Mann in der Krise" formuliert.

Man kann die einseitige Übergewichtung von Beruf und Karriere im Text von Gilbert auf triviale Ursachen wie Platzbeschränkungen und gewollte Konzentration auf ein Thema zurückführen; eine Diskussion aller Aspekte ufert in der Tat aus. Der Eindruck dürfte aber nicht ganz falsch sein, daß der hier beschriebene Frauentyp seinen Lebenserfolg weit überwiegend im Beruf, Einkommen und Macht sieht und insofern einem stark verbreiteten feministischen Selbstkonzept entspricht, das das Geschlechterverhältnis auf einen Machtkampf zweier Klassen, "die Männer" vs. "die Frauen", reduziert.



Powerfrauen in der ZEIT-Redaktion

Gilbert postuliert wie schon erwähnt, der von ihr beschriebene neue Frauentyp sei häufig oder sogar normal. Eine quantitative soziologische Analyse, wie weit dieser Frauentyp und der komplementäre Männertyp in der Bevölkerung verbreitet sind, fehlt leider (im Gegensatz zu Rosin, die mit unzähligen Fakten und Statistiken argumentierte). Mit einiger Sicherheit stimmt die Analyse zumindest in dem Milieu, in dem Gilbert lebt, nämlich der ZEIT-Redaktion und deren sozialem Umfeld, das man als Außenstehender grob als feministisches Biotop einstufen würde.

In gewisser Weise portraitiert sich die ZEIT-Redaktion in dem Artikel selber, es ist schwer vorstellbar, daß der Artikel so prominent publiziert worden wäre, wenn er in dieser Hinsicht ein falsches Bild abliefern würde. Man kann den Artikel daher als sehr spezielle Milieustudie ansehen, allerdings bleibt er dennoch wichtig, denn dieses Milieu hat eine enorme Meinungsmacht, weil es eben die Redaktionen der meisten Presseorgane beherrscht.

Jedenfalls ist der von Gilbert postulierte Frauentyp durchaus auch außerhalb der ZEIT-Redaktion gesichtet worden. Ob er nun 20 oder 50 % der weiblichen Bevölkerung ausmacht, ist insofern irrelevant, daß man als Mann damit rechnen muß, diesem oder einem ähnlichen Frauentyp regelmäßig im Alltag zu begegnen - als einem weiteren Frauentyp neben der klassischen femininen Frau, dem Muttertyp, der Kampfemanze usw. Vor allem auf den etwas höheren Stufen der Karriereleiter sollte man(n) verstärkt mit diesem Frauentyp rechnen.

Frauen als Freßfeinde

Erkennbar ist dieser Frauentyp an seinem ausgeprägten Selbstbewußtsein und der Karriereorientierung. In beruflichen Kontexten positioniert er sich aus männlicher Sicht als klassischer "Freßfeind", der erheblichen Ehrgeiz zeigt, sehr fordernd ist und insofern gefährlicher als die gewohnten männlichen Freßfeinde, als er gezielt klassisch weibliche Methoden zusätzlich einsetzt ("Wir spielen mit einer Mischung aus Naivität, Verletzbarkeit und Härte. Geben wir in einem Moment noch das Püppchen, werden wir im nächsten zum Raubtier.") und sich natürlich mit Frauenfördermaßnahmen bestens auskennt. Er wirkt wie ein Musterschüler von Marion Knaths.

Die Powerfrau a la Marion Knaths

Marion Knaths ist eine der vielen Karrieretrainer für Frauen, vermutlich einer der bekanntesten, denn im Zeitraum von ca. 2009 - 2011 veröffentlichte sie auf ZEIT Online unter den Serientitel "Powerfrau" Dutzende Videos mit Karrieretips für Frauen. Sie ist ferner Inhaber des Beratungsunternehmens sheboss, das Frauen beim Aufstieg berät. Die meisten Videos sind auf ZEIT Online nicht mehr vorhanden, man findet sie aber noch auf Youtube. Ein Beispiel ist Powerfrau: Die Regeln der Frauen- und Männersprache - Marion Knaths über die verschiedenen Kommunikationsregeln der Geschlechter, 21. April 2010. Auch später war Knaths wiederholt in der ZEIT präsent.

Die meisten Tips beruhen auf der Annahme typisch männlicher bzw. weiblicher Charaktermerkmale und Verhaltensmuster (deren "natürliche" Existenz übrigens in anderen feministischen Kontexten heftigst abgestritten wird). Die Tips bestehen darin, die eigenen typisch weiblichen Schwächen systematisch zu erkennen und zu bekämpfen und umgekehrt die Schwächen bei Männern systematisch auszunutzen und sich in männerdominierten Kontexten sozusagen mit Guerilla-Taktiken durchzusetzen. Die gleichen Tips finden sich in vielen weiteren Karriereratgebern für Frauen, wir verwenden Knaths hier kurzerhand als Stellvertreter für eine ganze Karriereratgeberindustrie.

Daß der Frauentyp, den Gilbert beschreibt, ein häufiger Fall oder sogar der Normalfall sein soll, ist durchaus plausibel, wenn man sich die Jahrzehnten auf vollen Touren laufende Karriereratgeberindustrie ansieht und unterstellt, daß dieser Frauentyp in beachtlichen Stückzahlen produziert wurde. Den Umfang dieser Industrie erkennt man leicht, wenn man nach Frauen und Karriereberatung googelt: man findet Dutzende Anbieter entsprechender Dienste und zahllose Zeitungsartikel.

Karriereberatung für Männer in einer feministischen Umwelt

Die analoge Suche nach Karriereberatung speziell für Männer, idealerweise unter Berücksichtigung einer feministischen Umwelt, liefert übrigens merklich dürftigere Ergebnisse. Ersatzweise kann man aber auch Männern die Knathsschen Videos nur wärmstens empfehlen: Man lernt etwas über sich selber und darüber, wie ein inzwischen verbreiteter Typus Karrierefrau instruiert worden ist, Männer zu beobachten, einzuschätzen und bei Bedarf auszutricksen und zu bekämpfen. Man muß eigentlich nur an passender Stelle sozusagen das Vorzeichen umkehren und bekommt dann als Mann viele interessante Tips, welche Fehler man sich nicht leisten sollte, was man mit typisch männlichen Verhaltensweisen für das eigene Fortkommen erreichen kann und welche Indizien darauf hindeuten, daß die weibliche Konkurrenz diskurstechnisch aufgerüstet hat und man seinerseits den Rüstungswettlauf eine Stufe steigern muß.


Powerfrauen als Scheinriesen

Das Leitbild Powerfrau als Cargo-Kult

Der Text von Gilbert liest sich hinsichtlich der Ursachen für beruflichen Erfolg übrigens so, als wäre notorisches lautes Rufen nach mehr Gehalt bzw. Beförderungen, Networking usw., generell eine Imitation angeblich typisch männlichen Verhaltens, erfolgsentscheidend. Das ist alles nicht völlig falsch und Standardlehrstoff in Karriereberatungen, unterschätzt aber die Wichtigkeit persönlicher Qualifikation, tatsächlicher Leistung, Eigenantrieb, Selbständigkeit und in vielen Situationen Risikofreudigkeit.

Die feministischen Karriere-Rezepte wie intensives, oft sogar institutionalisiertes Networking (bei Männern übrigens als "Männerbünde" schärfstens verurteilt) beruhen zu wesentlichen Teilen auf einer verfehlten Analyse der Ursachen männlicher Dominanz im Berufsleben, z.B. der simplifizierenden Annahme von patriarchalen Männerbünden. Diese Erfolgsrezepte einfach stupide zu wiederholen erinnert an einen Cargo-Kult, insofern sollte man die Gefährlichkeit der Powerfrauen nicht überschätzen, aber natürlich auch nicht unterschätzen.

Erst recht sollte man es als Mann vermeiden, selber in einen Cargo-Kult zu verfallen und die feministischen Karriere-Rezepte blind zu imitieren. Teilweise geht es auch gar nicht, z.B. das institutionalisierte Networking für Frauen, das diesen gezielt Informations- und Planungsvorteile gegenüber der männlichen Konkurrenz verschaffen soll, ist analog für Männer undenkbar. Man(n) muß schon kreativ sein und selber nachdenken, wie man diesen Konkurrenzvorteil kompensiert - eine gute Gelegenheit übrigens, mit anderen Männern ins Gespräch zu kommen, da man ein gemeinsames Interesse hat.

Die Powerfrau als normatives Stereotyp und Element einer psychologischen Kriegführung

Die feministischen Gesellschaftsanalysen gehen durchwegs davon aus, daß wir alle von Stereotypen geleitet werden, daß Stereotype normativ wirken und daß sie wichtigere Wirkmechanismen sind als z.B. Talente und biologische Dispositionen. Wenn man also an die normative Wirkung von Geschlechtsstereotypen glaubt, kann man in der Realität Personen verändern, indem man Stereotype über sie verbreitet.

So gesehen ist es klar, warum die ZEIT in dem Gilbert-Text das Stereotyp von der starken Powerfrau prominent plaziert verbreitet, obwohl er keine erkennbaren neuen Argumente im Vergleich zu den Rosin-Publikationen enthält: er macht Sinn als Selbsthypnose von Frauen, speziell solchen, die sich überall von böswilligen, misogynen Männern umzingelt sehen und notorisch risikoavers sind, und zur Einschüchterung von Männern, insoweit sie nicht sowieso schon ausreichend verunsichert sind, dient also zur psychologischen Kriegführung im Geschlechterkrieg.

Fazit: der Text ist, wie bei der ZEIT kaum anders zu erwarten, in erster Linie Propaganda. Die gute Nachricht zum Schluß: Man(n) ist zum Glück nicht gezwungen, darauf hereinzufallen.

Quellenangaben