Dienstag, 14. Juli 2020

Die zweitklassigen Frauen der CDU


Bekanntlich wird die CDU gerade von der Frauenunion und deren Verlangen nach 50% Frauenquote in allen Positionen (außer solchen an der Basis, wo man für Gottes Lohn arbeitet) feministisch gekapert. Die Argumente, mit denen Frauenquoten begründet werden, sind seit Jahrzehnten die gleichen, die Widerlegungen dieser Argumente ebenfalls. Das hindert die Protagonisten von Frauenquoten natürlich nicht, die x-fach widerlegten Argumente immer wieder neu aufzutischen. Auftritt Ruprecht Polenz, langjähriges CDU-Mitglied des Deutschen Bundestages, nach seiner Pensionierung Twitteraktivist und bekennender Feminist. Polenz twittert am 12.07.2020:
Ein oft übersehener Aspekt der Quote: Sie erhöht die Qualität der MÄNNER. Weil weniger Plätze zur Verfügung stehen, werden die schwächeren nicht gewählt.
Auf der Skala der Dummdreistigkeit feministischer Propaganda liegt dieses Argument ganz weit oben. Schon ein flüchtiger Blick auf die Polenzsche These zeigt, daß sie völliger Nonsens ist. Wenn man Männer durch Frauenquoten diskriminiert, ändert sich die Qualität "der Männer" offensichtlich erst einmal gar nicht. Sie sinkt höchstens individuell, weil die Männer sich kriminell über ihre Diskriminierung ärgern und von wichtigerem abgelenkt werden.

Frauenanteil beschränken, um die Qualität der Frauen zu erhöhen!

Herr Polenz scheint ferner die Brisanz seiner These zu übersehen: Wenn an seiner These etwas dran wäre, dann sollte man sie natürlich erst recht auf Frauen anwenden und z.B. den Frauenanteil auf 20% beschränken: es bleiben zwar nur wenige Frauen übrig, die werden aber immer besser und und unschlagbarer und werden den Feminismus zum Endsieg führen. Eine Reduktion des Frauenanteils ist nach Polenz nachgerade zwingend geboten.

Die Zweitklassigkeit der CDU-Frauen nach Polenz

Herr Polenz hat seinen Unsinn eventuell nicht wörtlich gemeint, sondern irgendeine Art von "Durchschnitt der Qualität" der Männer gemeint. Durchschnitte kann man nur von skalaren Größen bilden. Ob man die Qualität eines Menschen auf eine einzige Zahl (den Abiturnotendurchschnitt?) abbilden kann, möchte ich bezweifeln. Aber vielleicht geht das ja irgendwie im christlichen Menschenbild der CDU.

Nehmen wir also an, CDU-Mitglieder (m/w/d) hätten eine durchschnittsfähige skalare Qualität. Herr Polenz argumentiert nun implizit, daß nur die qualitativ besten Männer auf die verbleibenden Plätze kommen, sich also i.a. bei entsprechenden Wahlen gegen die qualitativ schlechteren Männer durchsetzen können. Dies führt zur Erkenntnis, daß die Qualität von Personen 1:1 damit korreliert, sich in Wahlen durchzusetzen und gewählt zu werden. Die Zahl der Stimmen, die man bei einer Wahl bekommt, ist sozusagen direktes Maß für die Qualität. Ohne diese Annahme kollabiert die Polenzsche Argumentation.

Versehentlich hat Herr Polenz damit konstatiert, daß die meisten Frauen qualitativ schlechter als die Spitzengruppe der Männer, also zweitklassig sind und sich wegen ihrer geringen Qualität bei Wahlen nicht durchsetzen können.

Die Qualitäten sind geschlechtsunabhängig gleich verteilt ...

Eventuell ahnte er unterschwellig, daß er ganz fürchterlichen Unfug redet, jedenfalls versuchte er, die Kritik anderer Nutzer mit folgendem Hinweis zu kontern:
... Jedenfalls wenn man davon ausgeht, dass die Qualitäten geschlechtsunabhängig gleich verteilt sind.
Ich habe immer wieder den Eindruck, daß man nur bei einem hohen Grad an mathematischer Inkompetenz Feminist sein kann, so auch hier. Das Argument von Polenz ist durchaus plausibel, geht aber aus rein mathematischen Gründen ganz fürchterlich nach hinten los.

Nehmen wir also der Einfachheit halber bei Männern und Frauen die gleiche Normalverteilung der "Qualität" an (gleicher Mittelwert, gleiche Varianz). Die Normalverteilung ist bekannt als "glockenförmige" Dichtefunktion. Die Dichtefunktion hat nur Werte zwischen 0 und 1, sie beschreibt die Anteile der Personen mit einer bestimmten Qualifikation. Die absoluten Zahlen der Personen mit einer bestimmten Qualifikation erhalten wir vereinfachend gesagt, in dem wir die Gesamtzahl der Personen mit den Anteilen multiplizieren (hierzu rastern wir die x-Achse in Intervalle gleicher Größe und runden alles auf ganze Zahlen, damit wir nur ganze Personen haben).

Jetzt sind aber fast dreimal so viele Männer wie Frauen Mitglied der CDU. Daher werden bei allen Qualifikationsstufen mehr Männer als Frauen vorhanden sein. Die männliche "Verteilungskurve der absoluten Zahlen" ist höher und - das ist wichtig - optisch breiter (man hat mehr mehr Qualifikationsstufen mit wenigstens einer Person) als die der Frauen, weil die Proportionen der Glocke gleich bleiben. Sie wächst gleichzeitig in der Höhe und Breite. An den Rändern sind daher sogar überproportional mehr Männer als Frauen vorhanden (trotz gleicher Varianz beider Verteilungen). In einer großen Population findet man eher Ausnahmetalente als in einer kleinen Population.

Also: unter der plausiblen Annahme, daß die Qualitäten geschlechtsunabhängig gleich verteilt sind, sind in einer Partei, die deutlich mehr männliche als weibliche Mitglieder hat, unter den qualifiziertesten Mitgliedern zwangsläufig Männer noch über ihren Mitgliederanteil hinaus überproportional vertreten! Dies wäre analog für Frauen der Fall, wenn die meisten Mitglieder Frauen wären.

Ohne es zu merken, argumentiert Herr Polenz hier mit einer der wichtigsten rationalen Erklärungen für die hohen Männeranteile, also einem wichtigen Argument gegen Frauenquoten.

Wessen Durchschnittsqualität?

Von den weiteren Denkfehlern von Herrn Polenz sei nur noch einer erwähnt: nach seiner eigenen Logik werden zweitklassige Männer durch noch schlechtere Frauen ersetzt, d.h. die Durchschnittsqualität eines Gremiums sinkt, obwohl die Durchschnittsqualität der Männer steigt. Entscheidend sollte aber die Durchschnittsqualität eines Gremiums sein, nicht die irgendeiner willkürlich gebildeten Untergruppe.

"Oft übersehen"?

Ob der von Herrn Polenz gepriesene Aspekt der Quote tatsächlich "oft übersehen" wird, ist schwer zu überprüfen. Neu ist er jedenfalls nicht. Soweit ich die feministische Literatur überblicke, wurde dieser Unsinn erstmalig in Besley (2012) publiziert, von den gleichen Autoren noch einmal in 2014 und 2017, in zweit- oder drittklassigen Publikationsorganen ohne ernsthafte wissenschaftliche Qualitätssicherung. Trotz ihrer offensichtlichen Mängel wurden diese Papiere von einschlägigen feministischen Propagandaplattformen begeistert gefeiert, u.a. von edition f, der ZEIT und dem WZB.

Anlaß der "Forschungen" war die Einführung einer Frauenquote von mindesten 50% bei der schwedische SPD (analog zum grundgesetzwidrigen Frauenstatut der Grünen). Verkauft wurden diese Publikationen unter der Schlagzeile "Krise der zweitklassigen / mittelmäßigen Männer", d.h. hier wurde wieder einmal das feministische Narrativ von der Krise des Mannes beschworen. Daß zweitklassige Männer eine Krise bekommen, wenn sie von drittklassigen Frauen verdrängt werden, ist indes durchaus plausibel.

Quellen