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Falschaussagen über das
GPG
Falschaussagen über das
GPG
Falschaussage "Frauen bekommen für die
gleiche Arbeit 23% weniger Lohn als Männer."
Diese sehr häufige Aussage bezieht sich auf das
unbereinigte Gender Pay Gap (GPG). Sie ist eindeutig
falsch, und zwar so eklatant, daß sie von Statistikern gerne
als Musterbeispiel für eine
"Unstatistik" benutzt wird. Es
handelt sich hier um eine verfälschte Version einer anderen
Aussage
in einer Publikation des
Statistischen Bundesamts (2010), die sich auf
ungleiche Arbeit bezog; Zitat von dort (Seite v):
...
Insgesamt liegt der unbereinigte Gender Pay Gap,
das heißt der prozentuale Unterschied im
durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und
Frauen in Deutschland bei rund 23 %.
... Als messbare Hauptursachen des Gender Pay Gap
können eine zwischen weiblichen und männlichen
Arbeitnehmern divergierende Berufs- bzw. Branchenwahl
(vier Prozentpunkte) sowie die ungleich verteilten
Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und
Qualifikation (fünf Prozentpunkte) identifiziert werden.
.... Schließlich trägt auch der höhere Anteil von Frauen
in geringfügigen Beschäftigungen zum Gender Pay Gap bei
(zwei Prozentpunkte).
... Der bereinigte Gender Pay Gap liegt in
Deutschland bei etwa acht Prozent. Dies bedeutet,
dass im Durchschnitt Frauen auch dann weniger als Männer
verdienen, wenn sie vergleichbare Arbeit leisten. Der
ermittelte Wert ist eine Obergrenze. Er wäre geringer
ausgefallen, wenn der Berechnung weitere lohnrelevante
Eigenschaften - vor allem Angaben zu
Erwerbsunterbrechungen - zur Verfügung gestanden
hätten.
Von "gleicher Arbeit" kann keine Rede sein: die in das
unbereinigte GPG einfließenden Beschäftigungsverhältnisse
betreffen ungleich verteilte Berufe, Branchen und
Arbeitsplatzanforderungen.
Auch die Webseite des Statistischen Bundesamts zu Gender
Pay Gap,
https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/BevoelkerungSoz ... ap.html,
drückt dies klar und deutlich aus:
Aussagen zum Unterschied in den
Verdiensten von weiblichen und männlichen Beschäftigten
mit gleichem Beruf, vergleichbarer Tätigkeit und
äquivalentem Bildungsabschluss sind damit [mit dem
unbereinigten GPG] nicht möglich.
Falschaussage "Frauen bekommen für die
gleiche Arbeit 6, 7 oder 8% weniger Lohn als Männer."
In älteren Publikationen ist meist von 8% die Rede, in
neueren von 7% oder 6%. Diese oft gehörte Falschaussage
bezieht sich auf das
bereinigte Gender Pay Gap
(GPG). Auch hier wird die Aussage des Statistischen
Bundesamts grob verfälscht wiedergegeben: dort steht, daß
"... Frauen ...
weniger als Männer verdienen, wenn
sie vergleichbare Arbeit leisten". Auf den Begriff
"vergleichbar" kommen wir gleich noch zurück. Dort steht
nicht, daß "... Frauen ...
exakt 8 % weniger
als Männer verdienen, wenn sie vergleichbare Arbeit
leisten".
Wieviel genau weniger, weiß das Statistische Bundesamt
nicht, es hat auch nicht behauptet, es genau zu wissen,
sondern völlig korrekt extra betont, daß
nicht alle
lohnrelevanten Eigenschaften der
Beschäftigungsverhältnisse bekannt waren und insofern
das tatsächliche GPG wahrscheinlich
irgendwo zwischen 0
und 8% liegt. Wenn man etwas genauer hinsieht, stellt
man fest, daß sogar
ziemlich viele lohnrelevante Daten
fehlen und von daher das tatsächliche bereinigte
GPG wesentlich kleiner sein muß als die 8%.
Auch der Begriff "vergleichbar" ist vor
diesem Hintergrund zu sehen: vergleichbar sind Personen
schon dann, wenn die leider unvollständigen Daten des
Bundesamts über ihre Qualifikation bzw. den Arbeitsplatz
identisch oder sehr ähnlich sind.
Der eigentliche Fehler in der obigen Falschaussage liegt
also im Begriff "gleiche Arbeit": damit wird suggeriert,
die Daten des Statistischen Bundesamts würden alle
lohnrelevanten Eigenschaften enthalten, was nicht stimmt.
Tatsächlich haben zwei andere Analysen, bei denen
detailliertere Daten verfügbar waren, so kleine Gender Pay
Gaps gefunden, daß diese nicht mehr als statistisch
relevant angesehen werden können:
Diverse weitere Untersuchungen zeigen im übrigen, daß die
statistische Lohndifferenz stark von weiteren Faktoren
abhängt, speziell vom Lebensalter: sie ist sehr klein in
den ersten Berufsjahren, groß in den letzten 10
Berufsjahren.
Insofern ist die immer wieder anzutreffende pauschale
Aussage,
alle Frauen würden gleichmäßig 7, 8 oder
23% weniger Lohn als Männer erhalten, falsch bzw. eine
bewußte Irreführung der Öffentlichkeit (von Aussagenden,
denen die Wahrheit eigentlich bekannt sein müßte).
Quellen
- Hans-Ulrich Brautzsch, Katja Drechsel, Birgit
Schultz: Unbezahlte Überstunden in Deutschland. IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg. 18 (10), 2012, S.
308-315, 2012. https://www.iwh-halle.de/d/publik/wiwa/10-12-4.pdf
S.5: " Männliche Arbeitnehmer leisten im
Durchschnitt mehr Überstunden als Frauen (vgl. Tabelle 2).
Dies dürfte unter anderem daran liegen, dass bei Frauen
der Anteil der Teilzeitbeschäftigten höher ist als bei
Männern. Bei den Männern war auch der Anteil der nicht
kompensierten Überstunden deutlich höher als bei
Frauen."
- Walter Joachimiak: Frauen verdienten 2010 in Führungspositionen
30 % weniger als Männer. Statistisches Bundesamt, 04.10.2012. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/10/PD12_345_621.html
zeigt u.a. die starke Abhängigkeit der Verdienstunterschiede
von den Berufsgruppen und Altersklassen
- Alexander Durin: Lohndiskriminierung von Frauen. Telepolis, heise.de, 21.03.2013. https://www.heise.de/tp/artikel/38/38799/1.html
gut lesbare Zusammenfassung mehrerer Studien
- Claudia Finke: Verdienstunterschiede zwischen Männern und
Frauen 2006. Statistisches Bundesamt, Artikelnummer:
5621001-06900-4, 10.2010. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Ver ... ionFile
- Walter Joachimiak: Frauenverdienste - Männerverdienste: Wie groß ist
der Abstand wirklich? Statistisches Bundesamt, 19.03.2013. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/STATmagazin/VerdiensteArbeitskosten/2013_03/Verdienste2013_03.html
Geht ausfühlich
darauf ein, daß
Männer und Frauen unterschiedliche Berufe wählen und die
Merkmale dieser Berufe Hauptursache für die
Gehaltsunterschiede sind.
USA
Intensiv mit ähnlichen Falschaussagen über Gehaltslücken
wird auch in den USA gearbeitet, z.B. in der
2013 State of the Union Ansprache von President Obama.
Dafür bekam er von
Fact-Checker Glenn Kessler 2 Pinocchios verliehen,
die Falschaussagen waren
so offensichtlich, daß man danach eine
"misleading rhetoric on gender pay
gap" einräumte.
Tatsächlich existiert in den USA ein seit ca. 2005 vielfach
diskutiertes
negatives bzw. umgekehrtes GPG: jüngere Frauen
verdienen in vielen Regionen der USA
deutlich mehr als Männer, vor allem in
den Großstädten.
Quellen
Falschaussage: "Das Gender Pay Gap wird durch
Diskriminierung von Frauen verursacht."
Hier handelt es sich um den häufigen (s. z.B.
die
die Desinformationskampagne der ZEIT) logischen
Fehlschluß, von einer Korrelation zwischen Geschlecht und
Lohn auf eine Kausalität zu schließen.
Der Fehlschluß führt dann zu einer falschen
Tatsachenbehauptung, Frauen würden bei der Bezahlung
diskriminiert.
Dieser Fehlschluß kommt oft in Verbindung mit dem
unrichtig dargestellten Gender Pay Gap (GPG) vor, ist von
der konkreten Art und Größe des GPG aber unabhängig.
Der prinzipielle Denkfehler
Der Denkfehler, einen Nachteil als Beweis für eine
Diskriminierung anzusehen, tritt
in diversen feministischen
Argumentationen auf.
Ein positives GPG ist ein statistischer Nachteil für
Frauen, ein
negatives GPG ein statistischer Vorteil. Eine
Diskriminierung unterstellt begrifflich, daß eine
gesellschaftliche Gruppe oder Wirkstruktur einen Nachteil
für eine andere Gruppe erzeugt und deswegen dafür
verantwortlich ist.
Nachteile (und Vorteile) können aber viele Ursachen haben.
Eine alternative Theorie besagt, daß Frauen weniger Wert
auf Karriere legen und mehr Wert auf ein Privat- bzw.
Familienleben, also in statisch relevantem Ausmaß andere
Präferenzen haben. Noch eine (unhöfliche) Theorie besagt,
daß Frauen keine Lust haben sich abzurackern und es auch
nicht brauchen, weil die Männer dies tun und ihnen das
Geld in der Ehe oder durch Sozialtransfers auch ohne
eigene Leistung zufließt. Keine dieser Theorien, insb. die
diffuse Diskriminierungsannahme, wird durch das GPG auch
nur entfernt bewiesen. Soziale Theorien kann man nur
direkt beweisen.
Gegenbeispiele
Die Unsinnigkeit dieser Schlußfolgerung erkennt man am
einfachsten anhand einiger anderer Beispiele, in denen
Lohndifferenzen zwischen Bevölkerungsgruppen auftreten,
die durch erfaßte statistische Merkmale nicht erklärbar
sind:
-
Wenn positive GPGs eine Diskriminierung von Frauen
beweisen, dann müßten negative GPGs eine
Diskriminierung von Männern beweisen - ein politisch im
Staatsfeminismus unvorstellbarer Gedanke.
- Das bereinigte GPG ist bei Selbständigen noch
viel höher als bei Angestellten.
Als "Schuldige" des üblicherweise berichteten GPGs werden
stets die Arbeitgeber angesehen. Erwähnt werden muß in
diesem Zusammenhang, daß in die vielfach zitierte
Destatis-Erhebung nur abhängig Beschäftigte einbezogen
sind, nicht hingegen Selbständige:
"In der VSE 2006 werden alle im Produzierenden Gewerbe
und Dienstleistungsbereich .... beschäftigten Arbeitnehmer
abgedeckt. Neben den Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten
beinhaltet die Erhebung auch Angaben zu geringfügig
Beschäftigten, Arbeitnehmern in Altersteilzeit sowie
Auszubildenden. Selbständige werden nicht in die
Erhebung einbezogen."
Für Selbständige wurde eine separate Analyse
durchgeführt:
Daniel S.J. Lechmann, Claus Schnabel: What explains the gender earnings gap in
self-employment? Institut für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB), Erlangen, 03.2012. https://doku.iab.de/externe/2012/k120402r07.pdf
Das unbereinigte Gap beträgt hier 44 %, davon sind nur 22
% auf die bekannten Einflußfaktoren zurückführbar. Es
verbleibt eine Differenz von ca. 20 %, die nicht auf die
bekannten Einflußfaktoren zurückführbar ist. Die Ursachen
für diesen sehr hohen Rest von ca. 20 % konnten bislang
noch nicht erklärt werden. Es ist aber offensichtlich
ausgeschlossen, daß die üblichen Verdächtigen, die
Arbeitgeber, die "Schuldigen" sein können.
- Asiaten diskiminieren Schwarze und Weiße in
den USA!?
In den USA werden die Durchschnittsverdienste
zusätzlich nach ethnischen Gruppen unterschieden, s.
Median weekly earnings of full-time wage and salary
workers, by sex, race, and ethnicity, 2009.
Demnach liegen die Verdienste von Weißen nahe dem
Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, die von Asiaten
deutlich darüber und die von Schwarzen und Hispanics /
Latinos deutlich darunter. Asiaten verdienen insg. rund
50% mehr als Schwarze. Die Schlußfolgerung, daß die
Asiaten die Schwarzen und Latinos diskriminieren oder daß
Arbeitgeber für die gleiche Arbeitsleistung Asiaten rund
50% mehr als Schwarzen bezahlen, ist aber offensichtlich
absurd.
Die vorstehenden Beispiele zeigen deutlich, daß
Gehaltsdifferenzen
kein Beweis für
Diskriminierungen sind,
Die Erkenntnis "Gehaltsdifferenzen beweisen nicht das
Vorhandensein von Diskriminierungen" bedeutet natürlich
umgekehrt nicht, daß damit die Abwesenheit von
Diskriminierungen bewiesen wäre. Diskriminierungen können
durchaus vorhanden sein, sogar von Männern, aber weder das
Vorzeichen noch die Höhe der Diskriminierungen kann
alleine aus statistischen Gehaltsdifferenzen abgeleitet
werden.
Beispiel: die Desinformationskampagne
der ZEIT
Ein besonders krasses Beispiel für die Verbreitung der
Falschaussage von der Diskriminierung ist die
Desinformationskampagne, die die ZEIT seit Jahren
betreibt. Die ZEIT blendet seit langem bei fast allen
Artikeln zum GPG als scheinbar sachliche Information eine
Informationsbox ein, z.B. in
einem Artikel von Frauenministerin Schwesig vom
14.07.2016 (und in weiteren Artikeln vom
05.03.2012,
20.03.2012,
23.03.2012,
16.04.2012,
14.06.2012,
04.09.2012,
24.10.2012,
08.11.2012,
08.11.2012,
14.01.2013,
21.03.2013,
18.03.2014,
21.03.2014,
02.03.2015,
10.03.2015,
20.03.2015,
20.03.2015,
13.08.2015,
16.03.2016,
23.03.2016,
06.05.2016,
14.06.2016,
26.06.2016,
07.10.2016,
20.10.2016). Diese "Sachinformation" behauptet:
... trotzdem beträgt der [bereinigte]
Gehaltsunterschied nach Angaben des Statistischen
Bundesamts in Deutschland fast acht Prozent. Es ist davon
auszugehen, dass dieser Unterschied aufgrund von bewusster
oder unbewusster Diskriminierung zustande kommt.
Nein, davon ist nicht auszugehen, das bereinigte GPG ist
nicht Folge von Diskriminierungen, sondern vor allem
Folge von
fehlenden Daten!
Die Aussage der Zeit widerspricht außerdem direkt der
Aussage
des Statistischen Bundesamts, daß ein tatsächlich
bereinigtes GPG kleiner als 8% ist. Ferner
existiert ein bunter Strauß an
soziologischen Theorien über
die Ursachen des GPG, die man durchweg nicht als
Diskriminierungen interpretieren kann.
Falschaussage "'Frauenberufe' werden schlechter
bezahlt als 'Männerberufe'."
Eine Variante dieser Falschaussage mit besonders
melodramatischem Unterton ist "
'Frauenberufe' werden
weniger wertgeschätzt als 'Männerberufe'", wobei hier
die hochmoralische Wertschätzung nur im profanen
Stundenlohn gemessen wird.
Eine Variante dieser Falschaussage ist "Die Gehaltslücke
schließt sich, wenn mehr Frauen typische 'Männerberufe'
übernehmen." (z.B. hier:
Spiegel Online, 18.03.2016). Diese Prognose enthält
als implizite Aussage die obige Falschaussage, 'Männerberufe'
seien besser bezahlt.
Eine weitere Variante ist die Behauptung: "Mit der
Verweiblichung eines Berufs sinken seine Löhne." Mehr
hierzu
s.u..
Diese i.w. äquivalenten Falschaussagen sind
Grundlage unzähliger Maßnahmen, mit denen Frauen überredet
werden sollen, "Männerberufe" zu ergreifen.
Die begriffliche Trickserei liegt hier in der
Pauschalisierung "die Berufe" und dem komplett undefinierten
Begriff "besser bezahlt".
Männerberufe
Ein
Männerberuf ist laut Duden ein "Beruf, der besonders
für Männer geeignet ist bzw. vorwiegend von Männern
ausgeübt wird". Analog kann man Frauenberufe definieren.
Die beiden in der Definition genannten Kriterien sind
strukturell völlig verschieden.
Bei einer relativ großen Gruppe von Berufen im Handwerk,
Bauwirtschaft oder Militär ist Körperkraft und Ausdauer
wichtig; für diese Berufen eignen sich nur sehr wenige
Frauen, Frauen wären hier nicht kosteneffizient und haben
ein erheblich größeres Verletzungs- und Ausfallrisiko.
Diese Berufe sind daher
aus biologischen Gründen
Männerberufe. Es ist völlig sinnlos, ihre Bezahlung mit
Frauenberufen zu vergleichen, weil definitionsgemäß nicht
die gleiche Arbeitsleistung verglichen wird.
Das zweite Kriterium ist rein demographisch und lautet,
daß der Beruf vorwiegend von Männern ausgeübt wird, aber
ohne besondere Probleme auch von Frauen ausgeübt werden
könnte. Beispiel: Ingenieur, früher einmal, heute nicht
mehr: Arzt oder Richter. D.h. die Klassifizierung
'Männerberuf' ist zeitlich und geographisch nicht konstant
und damit gar kein valides Merkmal für einen Beruf im
Sinne einer Qualifikation und der typischen Tätigkeiten.
Insg. bleibt weitgehend unklar, was "die Männerberufe" und
"die Frauenberufe sind, typischerweise werden in den
Debatten ein bis zwei Beispiele, die geeignet sind,
Neidkomplexe auszulösen, willkürlich herausgepickt.
"besser bezahlt"
Der Begriff "besser bezahlt" ist für die unklar
abgegrenzten Männer- bzw. Frauenberufe völlig unklar bzw.
substanzlos und eine klassische Doublespeak-Technik
(
Hypnosetechnik Ambiguität).
Generell sind die Versuche, die Falschaussage durch
Vergleich einzelner 'Männerberufe' und 'Frauenberufe' zu
"bewiesen", hochgradig defizitär und dienen nur der
Stimmungsmache (mehr dazu anschließend). Umgekehrt kann
man fragen, ob es denn valide Beweise oder zumindest
plausible Hinweise gibt.
Das Faktum, das man das GPG
nahezu vollständig
bereinigten kann, kann als weitgehende Widerlegung
der Falschaussage angesehen werden: die Bereinigung
führt die Lohndifferenzen auf Qualifikationsmerkmale u.a.
Faktoren zurück, nicht hingegen auf das Geschlecht. Wenn
tatsächlich alleine ein hoher Frauenanteil in einem Beruf
zu einer Lohnsenkung führen würde, müßte das Geschlecht
auch als statistisch relevanter und quantifizierter
Einflußfaktor erscheinen.
In den Debatten wird die pauschale Falschaussage meist
durch Vergleich einzelner 'Männerberufe' und
'Frauenberufe' "bewiesen". Die verglichenen Berufe weisen
typischerweise aber erhebliche Unterschiede in der Dauer
der Ausbildung, also der Investition in ein Studium bzw.
die persönliche Qualifikation auf, sind also gar nicht
sinnvoll vergleichbar. Die oft beneideten Ingenieure
hatten seinerzeit ein Studium mit einer Regelstudienzeit
von 10 Semestern (+ Praktika), das ziemlich hart war und
tatsächlich i.d.R. 12 - 14 Semester dauerte. Im Vergleich
dazu sind viele 'Frauenberufe' Ausbildungsberufe, bei
denen man 4 - 6 Jahre früher fertig ist und beginnt, Geld
zu verdienen.
Letztlich werden hier Äpfel mit Birnen
verglichen, dann von "besser bezahlt" zu sprechen ist
Dummenfang.
An dieser Stelle muß wieder einmal auf die
Liste der
lohnrelevanten Einflußfaktoren für die
vergleichsweise gut verdienenden Ingenieure verwiesen
werden. Ein Blick auf die Einflußfaktoren zeigt sofort,
daß ein Ingenieurabschluß
alleine keineswegs ein
überdurchschnittliches Einkommen garantiert, sondern lange
Betriebserfahrung, die richtige Branche, die Betriebsgröße
u.a. Faktoren hinzukommen. Die Behauptung, der akademische
Abschluß bzw. Beruf alleine wären entscheidend für ein
gutes Gehalt bzw. die "bessere Bezahlung", ist Dummenfang,
dies blendet alle anderen lohnrelevanten Faktoren aus.
Diese
monokausale Begründung der hohen Gehälter ist
nicht haltbar: Hauptursache für höhere Löhne sind die
höheren Bildungsinvestitionen, die Wahl profitabler
Branchen und weitere o.g. Faktoren.
Falschaussage: "Mit der
Verweiblichung eines Berufs sinken seine Löhne."
Diese These besagt erstens, daß man empirisch die
historische Beobachtung machen kann, daß mit dem Übergang
vom einem früher männlich dominierten oder neutralen Beruf
zu einem weiblich dominierten die Stundenlöhne sinken.
Zweitens wird implizit behauptet, alleine der hohe
Frauenanteil sei Ursache dieser Lohnsenkung.
Mit "sinken" dürfte i.a. nicht gemeint sein, daß die Löhne
tatsächlich sinken (das kommt nur sehr selten vor),
sondern daß sie nicht ähnlich wie "vergleichbare" Berufe
steigen.
Zunächst bleibt hier offen, ob besonders viele und
wichtige Berufe unter diese Definition fallen. Die meisten
Frauen streben nach wie vor wenige weiblich dominierte
Berufe an, an dieser Hitparade ändert sich kaum etwas.
Sofern man überhaupt Veränderungen feststellen will, muß
man sehr lange Zeiträume betrachten - 20 oder 50 oder 100
Jahre. In diesen langen Zeiträumen können sich das
Berufsbild, die Position dieses Berufs auf dem
Arbeitsmarkt (z.B. Verknappung von Arbeitskräften oder
Überschuß durch Arbeits-Immigration) und weitere
lohnrelevante Faktoren ganz erheblich verändern. Dies gilt
ebenfalls für die zum Vergleich benutzten Berufe. D.h.
alleine die These, daß sich die Bezahlung "eines Berufs"
verändert hat, macht die unzulässige Annahme, "ein Beruf"
sei etwas historisch und hinsichtlich der Lohnfindung
konstantes (das gilt auch nicht für neutrale oder
männerdominierte Berufe).
Speziell in Deutschland und im Zeitraum der letzten 40 -
50 Jahre sind zeitliche Lohnvergleiche von "einem
Frauenberuf" insofern problematisch, als in diesen
Zeitraum eine enorme Bildungsexpansion stattfand, die in
mehreren Branchen zu einer massiven Vergrößerung des
Angebots an weiblichen Arbeitskräften führte. Da sich
zugleich nicht das Angebot an männlichen Arbeitskräften
entsprechend verringerte, kam es zu einem Überangebot an
Arbeitskräften.
Beispiel: Wenn bei einem bisherigen
Frauenanteil von 20% die Zahl der Frauen vervierfacht wird
und die Zahl der Männer konstant gehalten wird, würden
danach jeweils 80 Frauen 80 Männern gegenüberstehen, die
Frauenquote würde 50% betragen und das Gesamtangebot an
Arbeitskräften würde 160% des vorherigen Angebots
betragen. Es ist aber stark zu bezweifeln, daß sich das
Angebot an - gut bezahlten - Arbeitsplätzen im gleichen
Maße erhöht. Es kommt zu einem Preisverfall der Arbeit,
ein Phänomen, das unter dem
Schlagwort Überakademisierung in großem Umfang zu beobachten ist
und das zu berechtigten Zweifeln führt,
ob sich ein Studium immer lohnt.
Zusammengefaßt ist die Behauptung, eine Verweiblichung
eines Berufs würde seine Löhne senken, in dieser
Pauschalität unklar, unbewiesen, in vielen Einzelfällen
sogar falsch und ein plumper Appell an das notorische
Gefühl von Frauen, überall diskriminiert zu werden.
Falschaussage "In der DDR gab es kein GPG."
Nach dem 2. Weltkrieg wurde sowohl in der BRD als auch der
DDR die Gleichberechtigung (also rechtliche
Gleichstellung) von Männern und Frauen im Grundgesetz
verankert. In der DDR wurde darüber hinaus die soziale
Gleichstellung von Männern und Frauen planwirtschaftlich
erzwungen. Männer und Frauen hatten nicht nur das Recht,
sondern auch die Pflicht, zu arbeiten. Details s.
Berufstätigkeit
von Frauen in der Wikipedia. Unterstützt wurde die
Berufstätigkeit von Frauen durch
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
namentlich die staatlich überwachte Kindererziehung. Daß
gleiche Arbeit von Männern und Frauen gleich bezahlt
wurde, verstand sich von selbst, weder in der BRD noch in
der DDR gab es geschlechtsanhängige Tarife.
Nach den gängigen feministischen Theorien waren damit alle
Bedingungen erfüllt, um das GPG auf statistisches Rauschen
zu reduzieren. Nach
Stephan
(1990) betrug 1988 das unbereinigte GPG in der DDR
immerhin 16%.
Eine Hauptursache war, daß Frauen häufig die weniger
qualifizierten und schlechter bezahlten Arbeiten
ausführten.
Daneben spielte eine Rolle, daß körperlich schwere belastende
Arbeiten besser bezahlt, aber nur von Männern ausgeübt wurden,
ferner Nachtzuschläge überwiegend von Männern
eingenommen wurden.
Das Beispiel DDR ist einer deutlichsten Beweise, daß man
von einem GPG nicht auf ungerechte Entlohnungen oder
Diskriminierungen schließen kann, dies ist ein Fehlschluß.
Literatur
-
Helga Stephan, Eberhard Wiedemann: Lohnstruktur und Lohndifferenzierung in der DDR -
Ergebnisse der Lohndatenerfassung vom September
1988. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung 23. Jg./1990, Institut für Arbeitsmarkt-
und Berufsforschung, 2013. https://doku.iab.de/mittab/1990/1990_4_mittab_stephan_wiedemann.pdf
Falschaussage "Wegen des Gender Pay Gaps tritt
vor allem die Frau in den Jahren nach der Geburt
beruflich kürzer."
Diese Falschaussage wird z.B.
hier von der bekannten feministischen Bloggerin
Christine Finke ("Mama arbeitet") verbreitet.
Wenn man davon ausgeht, daß der weniger verdienende
Ehepartner aus finanziellen Gründen die Hauptlast der
Kinderbetreuung übernimmt, dann sind hierfür Gehälter
vor der Geburt des ersten Kinds wesentlich.
Erstgebärende haben ein Durchschnittsalter von knapp 30
Jahren.
Relevant sind also die Gender Pay Gap (GPGs) für maximal
die Alterskohorten bis ca. 30 - 35 Jahre.
Nach einer auch von Feministinnen vielzitierten
Publikation des Statistischen Bundesamts
Finke
(2010), dort S.32, beträgt das
unbereinigte GPG für die
Altersklassen
- 24 Jahre und jünger: 2,0 %,
- 25 bis 29 Jahre: 8,5 %,
- 30 bis 34 Jahre: 14,2 %
- 35 bis 39 Jahre: 21,2 %
- 40 bis 44 Jahre: 25,6 %
- 45 bis 49 Jahre: 26,4 %
- 50 bis 54 Jahre: 27,1 %
- 55 bis 59 Jahre: 29,1 %
- 60 Jahre und älter: 29,5 %
Typischerweise liegt das
bereinigte GPG bei ca. einem
Viertel des unbereinigten GPGs. Bis zu einem Alter von
rund 30 Jahren liegt das bereinigte GPG also grob
geschätzt bei 2 - 3 %. Es ist daher vernachlässigbar,
zumal wegen der Streuung der Werte in ungefähr gleich
vielen Fällen der Mann bzw. die Frau den höheren Verdienst
haben wird.
Falschaussage "Ein Teil des (bereinigten) GPGs
wird durch unterschiedliche Zugangschancen auf bestimmte
Tätigkeitsfelder oder Leistungsgruppen
verursacht."
Diese teilweise versteckte Behauptung findet
sich u.a. in einer
DESTATIS-Publikation, die vielfach zitiert wird. Der
volle Wortlaut ist:
Der unbereinigte Gender Pay Gap betrachtet
den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied in
allgemeiner Form. Auf diese Weise wird auch der Teil des
Lohnabstands erfasst, der durch unterschiedliche
Zugangschancen beider Geschlechtergruppen auf bestimmte
Tätigkeitsfelder oder Leistungsgruppen verursacht wird.
Beim statistisch bereinigten Gender Pay Gap hingegen
werden diese strukturellen Unterschiede herausgerechnet.
Diese Argumentationen arbeitet ausgesprochen hinterhältig
mit Begriffsverschiebungen und impliziten unbewiesenen
Behauptungen.
Die Doppeldeutigkeit des Begriffs "Chance"
Implizit wird behauptet, es gäbe eine nicht näher
spezifizierte soziale Wirkstruktur namens "Zugangschance".
Der
Begriff "Chance" wird zwei diametral
verschiedenen Bedeutungen benutzt:
- als rein statistischer Wert, also die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Dinge zu tun.
Die Chance, daß ein Mann Grundschullehrer wird, ist
wesentlich kleiner als bei einer Frau.
- Mit "Chance" meint man vor allem im Kontext
von Chancengleichheit soziale Wirkmechanismen, die
die beobachteten Verteilungen auf Berufsgruppen, Fächer
o.ä. bewirken. Sie werden aber fast nie genauer angegeben,
sondern nur unheilschwanger angedeutet.
Beispielsweise ist die Chance eines Manns,
Gleichstellungsbeauftragter zu werden, sehr gering, denn
fast alle einschlägigen Gesetze reservieren diesen
Arbeitsmarkt für biologische Frauen. Diese Gesetze stellen
einen benennbaren Wirkmechanismus dar, sind also eine
soziale Struktur, die Männer strukturell
diskriminiert.
Der Anteil der Männer an den Grundschullehrern und
Sekretären ist ebenfalls sehr gering, aber nicht durch ein
Gesetz oder eine andere soziale Struktur verursacht, sondern
durch höhere Präferenzen für andere Berufe.
Die Frage ist nun, welche Bedeutung der Begriff "Chance"
in der obigen Argumentation "das GPG wird teilweise ...
durch unterschiedliche Zugangschancen beider
Geschlechtergruppen ... verursacht" hat.
- unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten:
Unterschiedliche "Chancen" im Sinne unterschiedlicher
Wahrscheinlichkeiten sind offensichtlich vorhanden.
Die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten ergeben sich
aus den gleichen Daten, aus denen das GPG berechnet wird,
sie sind eine sehr vereinfachte statistische Analyse der
Daten. Diese Wahrscheinlichkeiten als Ursache des GPGs
hinzustellen, ist sinnlos, weil beide auf den gleichen
Daten basieren. Die Argumentation wird bei dieser
Begriffsvariante von "Chance" zu einer nichtssagenden
Tautologie.
- diskriminierende soziale Wirkmechanismen:
Die ebenfalls mitgemeinte Bedeutung von "unterschiedlichen
Zugangschancen" im Sinne diskriminierender sozialer
Wirkmechanismen (wie z.B. Zugangsbeschränkungen zu Stellen
von Gleichstellungsbeauftragten) ist hier frei
erfunden. Es werden keinerlei Belege benannt bzw.
konkrete Wirkmechanismen angedeutet (vgl. soziologische
Erklärungsmodelle für das GPG). Die reine
Statistik ist aber kein Beweis für eine soziale
Wirkstruktur.
M.a.W. wird hier die Doppeldeutigkeit des Begriffs
"Chance" sehr geschickt eingesetzt: die erste Definition
suggeriert durch ihre mathematische Grundlage
Glaubwürdigkeit, ist aber eine Luftnummer. Die zweite
Definition bleibt bei vagen Andeutungen und dient als
trojanisches Pferd, um nebenbei die Existenz potentiell
diskriminierender Praktiken zu "beweisen".
Der Effekt der suggerierten Wirkmechanismen ist
nicht quantifizierbar
Geschickterweise wird auch das Ausmaß, also der
statistische Anteil, den diese unterschwellig postulierten
Wirkmechanismen verursachen sollen, offengelassen.
Deswegen ist die Aussage "[es] wird auch der Teil des
Lohnabstands erfasst, der durch unterschiedliche
Zugangschancen ... verursacht wird" sogar
überraschenderweise formal korrekt: es wird ja
nicht ausgeschlossen, daß dieser Anteil Null ist, die
leere Menge ist aber automatisch in jeder anderen Menge
enthalten.
Natürlich macht die Aussage keinen Sinn, wenn die
unterschwellig postulierten Wirkmechanismen gar keinen
Effekt haben.
Implizit wird hier also die
unbewiesene
Hypothese aufgestellt, es gäbe relevante diskriminierende
Wirkmechanismen und sie hätten einen Effekt, der über
dem statistischen Rauschen und der Rechenungenauigkeit der
Schätzverfahren liegt.
Statistiken können aber die Existenz sozialer
Wirkmechanismen
prinzipiell nicht beweisen.
Einen argumentativen Salto rückwärts macht nun der letzte
Satz
Beim statistisch bereinigten Gender Pay
Gap hingegen werden diese strukturellen Unterschiede
herausgerechnet.
Hier wird ad hoc der neue unklare Begriff "strukturelle
Unterschiede" eingeführt, mit dem unterschiedliche
"Zugangschancen" gemeint sein dürften. Aus den Daten
herausrechnen kann man aber nur Einflußfaktoren, zu denen
entsprechende Daten vorliegen.
Deswegen kann man die Wirkung dieser hypothetisierten,
unbekannten diskriminierende Wirkmechanismen nicht
quantifizieren und nicht herausrechnen.
Dies ist der eigentlich relevante, wenngleich gut
versteckte Desinformation in dieser Argumentation, und in
diesem Sinne wird sie auch regelmäßig
in
feministischen Medien interpretiert:
Es wird
suggeriert, das bereinigte GPG sei durch diskriminierende
soziale Wirkmechanismen verursacht (während es in
Wirklichkeit Folge fehlender Daten ist).