Kampfbegriff "Geschlechtsstereotype"

Inhaltsübersicht

Motivation und Einführung

Deskriptive Geschlechtsstereotype

Normative Geschlechtsstereotype

Literatur

Motivation und Einführung

Einführung: Kampfbegriff "Geschlechtsstereotyp"

In der Geschlechterdebatte sollte man mit dem Begriff Stereotyp gut vertraut sein. Erstens, weil interessierte Kreise seit Jahrzehnten mit aller Energie daran arbeiten, unzutreffende Stereotype über Männer im öffentlichen Bewußtsein zu erzeugen, z.B. alle Männer seien potentielle Frauenbelästiger oder gar Vergewaltiger, würden Frauen beruflich diskriminieren und ausbooten usw. usw., s. separate Seite Sexismus gegen Männer.

Die gleichen feministischen Akteure, die unentwegt negative Stereotype über Männer verbreiten, fordern gleichzeitig vehement und vielstimmig den Abbau von Stereotypen, speziell solchen, von denen sich Frauen negativ betroffen fühlen (könnten). Diese immer wieder in etlichen Varianten formulierte Forderung, Stereotypen abzubauen, ist wahlweise unseriös oder ein genialer propagandistischer Schachzug. Als Subtext transferiert sie die Botschaft, Stereotype seien falsch, böse, schädlich, frauenfeindlich oder eine Kombination von allem und feministische Akteure sein imstande, Stereotypen abzubauen, wenn man sie nur ließe. Leider sind die Behauptungen über die Stereotype weitestgehend falsch und wissenschaftlich unhaltbar, und die gewünschten Befugnisse laufen leider auf totalitäre Vollmachten heraus.

Zu den besonderen Kuriositäten der Debatte gehört, daß sich die Stereotype zu den wichtigsten Persönölichkeitsmerkmalen in den letzten Jahrzehnten massiv zugunsten von Frauen verändert haben und inzwischen Frauen als die besseren Menschen darstellen, wie die Metastudie Eagly (2020) zeigt. Die Argumente feministischer Aktivisten beruhen also großenteils auf dem Stand der 1960er Jahre und haben wenig mit den heutigen Realitäten zu tun.

All dies ist aber gut versteckt und ohne eine etwas intensivere Beschäftigung mit der Thematik nicht durchschaubar, insb. weil der Begriff "Stereotyp" zwei völlig verschiedene Grundbedeutungen hat - deskriptive Stereotype vs. normative (präskriptive) Stereotype -, die wiederum mit anderen Begriffen verbunden sind.

Ideale Voraussetzungen also für Doublespeak und Propaganda. Der Begriff "Stereotyp" ist daher nicht unzufällig einer der wichtigsten feministischen Kampfbegriffe, er wird vor allem wie folgt verwendet:

  • Frauen werden als wehrlose Opfer hypnotischer Kräfte dargestellt, die ihre Entscheidungen beeinflussen und die sie von der Verantwortung für diese Entscheidungen freistellen.
  • Männer wird unterschwellig die Verantwortung für das Entstehen der Stereotype zugewiesen und sie werden damit für deren angebliche Schäden haftbar gemacht.
Im dieser Seite betrachten wir zunächst die beiden Hauptbegriffsvarianten ausführlicher und gehen dann auf die Diskursstrategien ein.

Deskriptive Geschlechtsstereotype

Informationsgehalt und Korrektheit von Stereotypen

Die Wikipedia definiert ein Stereotyp als
"eine Beschreibung von Personen oder Gruppen, die einprägsam und bildhaft ist und einen als typisch behaupteten Sachverhalt vereinfacht auf diese bezieht."

Die Personengruppe, über die das Stereotyp eine Aussage macht bezeichnen wir i.f. als Bezugsgruppe. Wenn es sich bei der Bezugsgruppe um Personen eines bestimmten biologischen Geschlechts handelt, spricht man von Geschlechts- oder Geschlechterstereotypen.

Verwandte Begriffe sind: Vorurteil, Klischee, Menschenkenntnis, Geschlechtsrolle und Gender.

Trägergruppe eines Stereotyps

Von einem Stereotyp spricht man nicht, wenn der behauptete Sachverhalt nur die Meinungsäußerung weniger einzelner Personen ist. Unterstellt ist vielmehr, daß das Stereotyp die weit verbreitete oder übliche Meinung einer größeren Personengruppe - die wie i.f. als Trägergruppe des Stereotyps bezeichnen - darstellt. Wenn man also von einem Stereotyp spricht, muß man eigentlich immer die Trägergruppe mit angeben. Die Trägergruppen der Frauen, Männer, Christen, Moslems, Vegetarier usw. können jeweils eigene gruppenspezifische Stereotypen haben, auch wenn sie im gleichen Land zusammen leben.

Die Bezugsgruppe und die Trägergruppe können disjunkt sein, müssen es aber nicht. Die Stereotype "Männer sind gewalttätig" und "Frauen sind zickig" sind in der Bevölkerung weit verbreitet, die Bezugsgruppe ist also eine Teilmenge der Trägergruppe. In solchen Fällen können Stereotype Teil des Selbstkonzepts von Männern bzw. Frauen sein.

Informationsgehalt von Stereotypen

Stereotype betreffen inhaltlich in der Regel nur einen sehr begrenzten Merkmalsbereich von Personen (im Gegensatz zum verwandten Begriffs Geschlechtsrolle, der i.d.R. ein weiteres soziales Verhaltensspektrum abdeckt). Die Aussage des Stereotyps kann sich insb. beziehen auf:
  • biologische Merkmale ("Männer sind stärker als Frauen") oder
  • soziale Merkmale ("Frauen haben lange Haare", "Frauen tragen Kleider").
Stereotype sind grundsätzlich statistisch-deskriptiv: auch wenn sie die Realität nur ausschnittartig und vergröbert darstellen, sind sie im Sinne einer statistischen Aussage über die jeweilige Gruppe meistens korrekt und genau deswegen z.B. als Menschenkenntnis oft sehr wertvoll.

Die Aussage betrifft meist einen Unterschied zwischen verschiedenen Gruppen. Die Aussage, daß Menschen auf 2 Beinen laufen, ist allgemein akzeptiert und statistisch korrekt, wird aber normalerweise nicht als Stereotyp angesehen. Die Aussage "Frauen tragen Leggings" ist nur deswegen von Interesse und wird als Stereotyp angesehen, weil sie für die komplementäre Gruppe der Männer nicht gilt. D.h. Stereotype machen normalerweise implizit eine zweite Aussage, nämlich daß der jeweilige Sachverhalt für die komplementäre Gruppe nicht gilt.

Es ist offensichtlich falsch, ein Stereotyp so zu interpretieren. daß seine Aussage auf jede einzelne Person der Bezugsgruppe zutrifft. "Männer sind stärker als Frauen" bedeutet nicht, daß jeder Mann stärker als jede Frau ist. Diese Aussage des Stereotyps trifft nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und ggf. nur graduell zu. Die falsche Interpretation ist häufig anzutreffen. Derart falsche interpretierte Stereotype werden auch als Essentialismus oder Determinismus bezeichnet.

Stereotype werden in feministischen Diskursen teilweise bewußt falsch als Determinismus interpretiert, um durch diesen rhetorischen Trick korrekte, aber unerwünschte Erkenntnisse als falsch darstellen zu können.

Entstehung von Stereotypen

Stereotype entstehen zunächst einmal in jedem Menschen von alleine durch Beobachtung seiner Umwelt und durch Klassifizierung seiner Beobachtungen.

Durch Kommunikation können Stereotype zwischen verschiedenen Personen weitergegeben werden, die sich gegenseitig in ihren Beobachtungen bestätigen. Stereotype können also auch bei Personen vorhanden sein, die keine eigenen Beobachtungen machen konnten.

Neben Erfahrungswissen, das auf persönlichen Beobachtungen beruht, sind insb. Medien und ähnliche Informationsquellen ebenfalls Ursache für Stereotype. Politische Propaganda versucht regelmäßig, solche Stereotype (z.B. Feindbilder) zu erzeugen. Ein Beispiel hierfür ist die notorische Negativdarstellung von Männern und die Darstellung von Frauen als hilflose Opfer des Patriarchats in den Medien.

Sofern die medial produzierten Stereotype den eigenen Beobachtungen widersprechen, wird der Konflikt i.d.R. zugunsten der eigenen Beobachtungen aufgelöst. Fehlen dagegen eigene Beobachtungen, sind medial gebildete Stereotype regelmäßig erfolgreich.

Korrektheit von Stereotypen

Bei der individuellen oder sozialen Bildung von Stereotypen können grundsätzlich Fehler auftreten, also unzutreffende statistische Aussagen entstehen - dieser Verdacht wird heute fast routinemäßig gegen vorhandene Stereotype erhoben, ist aber in dieser Pauschalität falsch. Stereotype sind ganz im Gegenteil die mit Abstand zuverlässigsten Indikatoren für die tatsächlichen Verhältnisse.

Stereotype sind also normalerweise zutreffendes Erfahrungswissen, bezogen auf menschliches Verhalten bezeichnet man sie auch als Menschenkenntnis oder etwas weiter gefaßt als Soft Skills.


Normative Geschlechtsstereotype

Normative (präskriptive) Wirkung von Stereotypen

"Gender" oder "Gender-Rollen" werden häufig als Gender- oder Geschlechtsstereotype bezeichnet. Dabei wird der deskriptive Begriff Stereotyp implizit und ohne Rechtfertigung oder Einschränkung zu einem normativen Begriff umdefiniert: Stereotype werden redefiniert als Norm (im Sinne von Vorschrift oder Gesetz) bzw. soziale Erwartungen an Personen, sich in bestimmter Weise zu verhalten. Es wird postuliert, daß diese Erwartungen die Phänomene erzeugen, die in dem Stereotyp beschrieben werden.

M.a.W. sind hier Stereotype keine Erkenntnisse mehr, die individuell durch Beobachtungen erzeugt werden, sondern es wird folgender sozialer Wirkmechanismus unterstellt:

  1. Stereotype werden von bestimmten Instanzen willkürlich "erfunden".
  2. Stereotype werden verbalisiert oder auf andere Weise den Betroffenen (also den Mitgliedern der Bezugsgruppe) mitgeteilt.
  3. Stereotype erzeugen bei den Empfängern "sozialen Druck", sich gemäß dem Stereotyp zu verhalten; hierbei wird stillschweigend unterstellt, daß sie sich die Empfänger "eigentlich" ohne diese Kommunikation und den Druck anders verhalten würden, das Stereotyp also die Hauptursache des beobachteten Verhaltens ist.
Ein normatives Stereotyp gemäß diesem Denkmodell erzeugt also das beobachtbare statistische Phänomen, also das deskriptive Stereotyp.

Für viele soziale Phänomene ist der geschilderte Wirkmechanismus scheinbar richtig, aber nur bei oberflächlicher Betrachtung. Ein übliches Beispiel sind Modezaren, die scheinbar bestimmen, wie hoch die Rocksäume und welche Farben gerade aktuell sind. Allerdings können sich manche Modediktate nicht durchsetzen (Männer scheinen besonders resistent dagegen zu sein), und man kann verschiedener Meinung sein, warum z.B. unzählige Frauen in Leggings herumlaufen: weil das ein Modezar so bestimmt hat oder weil die Leggings billig und bequem sind. Das deskriptive Stereotyp "Frauen tragen Leggings" ist also statistisch korrekt, daraus kann aber nicht seriös geschlußfolgert werden, das dieses Stereotyp zugleich eine normative Wirkung hat bzw. von einem normativen Stereotyp erzeugt wurde.

Für fast alle Stereotype, die medizinische oder biologische Aussagen enthalten, ist es offensichtlich absurd zu unterstellen, die in dem Stereotyp beschriebenen biologischen Phänomene würden durch eine Norm, also einen sozialen Wirkmechanismus erzeugt.

Allerdings ist auch bei sozialen Phänomenen die Annahme, sie würden durch Stereotypen erzeugt, in dieser Pauschalität nicht haltbar. Sie beruht zunächst einmal auf einer willkürlichen Spekulation, daß sich der Empfänger "eigentlich" bzw. "von Natur aus", also ohne das Stereotyp, anders verhalten würde. Nicht berücksichtigt wird hierbei, was überhaupt die sinnvollen und praktikablen Handlungsoptionen sind und welche andere Ursachen neben eventuellen Stereotypen für ein Verhalten existieren. Ferner wird unterstellt, daß das Stereotyp beim Empfänger sozusagen hypnotische Wirkung hat. Zugespitzt wird dem Empfänger jede Urteilsfähigkeit und Selbstverantwortung abgesprochen.

Mädchen und Mathematik

Normativ wirkende Stereotype werden auch oft als Ursache intellektueller Leistungsunterschiede angesehen. Diese können sich indirekt ebenfalls auf das Sozialverhalten auswirken, z.B. bei der Berufswahl oder beim beruflichen Erfolg. Das bekannteste Beispiel ist der geringe Mädchenanteil im oberen Leistungsspektrum der Mathematik. Studien, die dies auf Stereotype zurückführten, waren nicht reproduzierbar (bzw. wurden widerlegt, s. Ganley (2013), Flore(2019) und weitere Quellen) oder wurden falsch zitiert (s. Jussim (2015) und Stoet (2012)). Das Lehrbuch Asendorpf / Neyer (2012) schreibt zusammenfassend hierzu:
"Im Schulalter sind Jungen insgesamt betrachtet nicht besser als Mädchen in mathematischen Fähigkeiten. Nur bei sehr hoher und sehr niedriger Fähigkeit sind Jungen überrepräsentiert. Die mit wachsender Aufgabenschwierigkeit steigende Überlegenheit des männlichen Geschlechts kann primär auf bessere räumliche Fähigkeiten und sekundär auf ein höheres mathematisches Selbstvertrauen zurückgeführt werden."
D.h. das Stereotyp, Jungen seien mathematisch begabter als Mädchen, ist im oberen Leistungsbereich - der Neidkomplexe hervorruft - sachlich korrekt, im unteren Leistungsbereich - der regelmäßig übersehen wird - sind Jungen im Nachteil. Bei einer Durchschnittsbildung entsteht erst mit wachsendem Alter eine männliche Überlegenheit. M.a.W. können Ergebnisse von Begabungsuntersuchungen von 10-jährigen nicht einfach auf Erwachsene übertragen werden.

Einfluß egalitärer Gesellschaften

Der Glaube, daß normativ wirkende Stereotype monokausal statistisch relevante Leistungsunterschiede erzeugen können, ist auch insofern unplausibel, es noch viele weitere Faktoren eine Einfluß haben können. Dies motivierte Untersuchungen, ob die Leistungsunterschiede zwischen Mädchen in egalitären Gesellschaften geringer sind als in weniger egalitären. Diese Hypothese konnte nicht bestätigt werden, s. Stoet (2014), Ireson (2016).

Auswirkungen und Nutzen von Stereotypen

Falsch ist die Annahme, Stereotype seien einzeln oder in ihrer Gesamtheit wesentliche Ursache von negativ bewerteten sozialen Phänomenen, insb. von Geschlechtsunterschieden und der feministischerseits überall vermuteten Diskriminierung von Frauen. Das Lehrbuch Asendorpf / Neyer merkt hierzu an: im Mittel über alle Kulturen lässt sich keine Bevorzugung des männlichen Stereotyps nachweisen. .... In egalitären Kulturen können dennoch Geschlechtsunterschiede groß sein, sogar größer als in traditionellen Kulturen (z.B. bei Werthaltungen).
Der klassische Beleg hierfür ist das Das Gleichstellungsparadox in den skandinavischen Staaten.

Ferner wird oft argumentiert, Stereotype (bzw. Vorurteile) seien unterbewußt vorhanden und würden auch dann, wenn das Stereotyp explizit verneint wird, zu diskriminierendem Verhalten führen. Diese Theorie wird von der sehr umfangreichen Metastudie Forscher (2016) eindeutig widerlegt: ... we found little evidence that changes in implicit bias mediate changes in explicit bias or behavior. Together, these findings suggest that implicit bias is malleable, but that changing implicit bias does not necessarily lead to changes in explicit bias or behavior. Der seit Jahrzehnten sehr häufig zur benutzte implicit association test (IAT), mit dem unterbewußte Vorurteile gemessen und diskriminierendes Vehalten prognostiziert werden soll, gilt mittlerweile laut Singal (2017) als unzuverlässig und unbrauchbar.

Übersehen wird regelmäßig der Nutzen von Stereotypen: für die soziale Interaktionssicherheit ist es sehr hilfreich, das Verhalten anderer Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig einschätzen zu können. Viele Stereotype stellen Erfahrungswissen dar, wie mit anderen Personen umzugehen ist, und durch bilden sich durch gegenseitige Lernprozesse heraus.



Kampfbegriff "Geschlechtsstereotyp"

Beim Begriff Geschlechtsstereotyp kann man analog wie bei Kampfbegriff Gender die folgende feministische Diskursstrategie beobachten:
  1. Der eigentlich deskriptive Begriff Stereotyp zu einem ausschließlich normativ zu verstehenden Begriff umdefiniert. Diese Umdefinition erfolgt oft ohne Begründung und nur implizit durch seine Verwendung. Sofern der normative Begriff überhaupt begründet wird, werden allenfalls einzelne plausible Beispiele aus dem Bereich des Sozialverhaltens ("Frauen tragen Röcke") präsentiert, die dann auf völlig beliebige Themen, insb. biologische Aussagen, verallgemeinert werden, ein eklatanter Fehlschluß.
  2. Die für ein normatives Stereotyp erforderliche Instanz, die das Stereotyp erfindet bzw. irgendwie erzeugt, wird frei herbeiphantasiert. Typischerweise wird ein simpler Verweis auf das Patriarchat oder "patriarchale Strukturen" als ausreichend betrachtet. Implizit werden alle oder bestimmte Männer als Verantwortliche für die Entstehung des Stereotyps hingestellt, ohne weitere sachbezogene Begründung.
  3. Geschlechtsstereotype skizzieren normalerweise einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Dieser Unterschied wird oft ohne Begründung als Nachteil für Frauen interpretiert und im Rahmen eines weiteren unzulässigen Fehlschlusses als Diskriminierung durch Männer (ähnlich wie beim normativen Gender-Begriff).
Ziel vieler feministischer Debattenbeiträge, insb. auch offizieller Quellen, ist die Verbreitung der vorstehenden Fehlschlüsse und der unbewiesenen bzw. offensichtlich falschen Annahmen des normativen Stereotyp-Begriffs. Der folgende Text des bundesministeriell geförderten GenderKompetenzZentrum zeigt diese Diskursstrategie mustergültig:
"Geschlechtsstereotype schreiben Personen auf Grund ihrer erkennbaren Geschlechtszugehörigkeit bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zu. Diese Zuschreibungen werden im Lauf des Lebens erworben und durch die Selbstdarstellung und die Außenwahrnehmung permanent aktiviert, sodass sie Vielen als "natürlich" erscheinen. Aus der Gender-Forschung ist bekannt, dass Stereotype im täglichen "doing gender" (West/Zimmerman 1989) eine entscheidende Rolle bei der Legitimierung von Ungleichbehandlungen spielen ... "
Dieser Text und viele ähnliche suggerieren eklatant wahrheitswidrig,
  • das in den Stereotypen enthaltene Wissen sei prinzipiell nicht natürlich, also immer künstlich erzeugt und sozusagen widernatürlich, und
  • sei Ursache und Legitimation von Ungleichbehandlungen. Mit dem Begriff "Ungleichbehandlungen" wird zugleich implizit die Existenz einer sozialen Struktur postuliert, die mit ihren "Behandlungen" die soziale Differenzen (z.B. geringe Frauenanteile in den MINT-Fächern) überhaupt erst erzeugt und die für diese ursächlich und verantwortlich ist.

    "Legitimation" deutet an - ohne plausiblen Beweis -, daß die ungenannten Verursacher der sozialen Differenzen ohne die Legitimation nicht so handeln würden, sich also der Verwerflichkeit ihres Tuns bewußt sind oder es zumindest sein sollten.

Hier wird intensiv mit der klassischen Hypnose- bzw. Propagandatechnik manipulativer Präsupposition gearbeitet.

Die impliziten Aussagen können fallweise zutreffend sein, sind aber in ihrer hier dargestellten Pauschalität offensichtlich absurd und frei erfunden. Alle oben genannten Falschannahmen des Denkmodells normativer Stereotype werden hier ohne jede Begründung als wahr unterstellt.

Völlig verdrängt wird bei der feministischen Diskursstrategie die seit rund einer Generation intensiv in industriellem Maßstab betriebenen "Aufklärung" und Bewußtseinsbeeinflussung von Frauen - wie angesichts dieser massiven staatlich geförderten Beeinflussung trotzdem anonyme Mächte wirksame normative Stereotype bei Frauen erzeugen können, bleibt rätselhaft.



"Abbau von Stereotypen" als versteckter Totalitarismus

Google findet ca. 8.490 Ergebnisse bei der Suche nach "Abbau von Stereotypen", ca. 3.460 Ergebnisse bei der Suche nach "Beseitigung von Stereotypen" und tausende weitere bei der Suche nach ähnlichen Formulierungen, oft in einem Atemzug genannt mit der Überwindung von Vorurteilen, traditionellen Rollenbildern / Rollenkonzepten / Rollenauffassungen, Hindernissen usw., sehr viele davon aus feministischen Quellen.

Der Abbau von Stereotypen ist auch ganz offiziell und uneingeschränkt Schwerpunkt aktueller feministischer Gleichstellungspolitik.

Wegen des grundlegend falschen Verständnisses, was Stereotype tatsächlich sind, sind diese Forderungen aber prinzipiell nicht erfüllbar und laufen - ob gewollt oder nicht, sei dahingestellt - auf eine totalitäre Kontrolle der Bevölkerung hinaus, inklusive Denk- und Sprechverboten.

  • Stereotype entstehen zunächst durch Beobachtung; es kann nie ganz ausgeschlossen werden, daß sie danach eine normative Wirkung entfalten und den beobachteten Effekt verstärken. Hieraus wird das Recht abgeleitet, verhindern zu können, daß überhaupt im Alltag unerwünschte Beobachtungen gemacht werden, aus denen normative Stereotype entstehen könnten. Dies läuft auf eine völlige Kontrolle des sozialen Geschehens hinaus.
  • Die i.a. frei herbeiphantasierten Verantwortlichkeiten für vorhandene Stereotype erlauben es, beliebige Personengruppen oder Instanzen als Verursacher bzw. Frauenfeinde zu diskreditieren und damit eine offene Debatte zu verhindern.

Literatur

Allgemeine Literatur zum Stereotype Threat

Literatur zur Glaubwürdigkeits- und Replikationskrise in der Psychologie und Soziologie ist auf einer anderen Seite gelistet.
  1. Jens B. Asendorpf, Franz J. Neyer: Psychologie der Persönlichkeit. 5., vollst. überarb. Aufl., Springer, ISBN 978-3-642-30263-3, 2012. http://www.springer.com/us/book/9783642302633
  2. Alice H. Eagly, Christa Nater, David I. Miller, Michèle Kaufmann, Sabine Sczesny: Gender stereotypes have changed: A cross-temporal meta-analysis of U.S. public opinion polls from 1946 to 2018. American Psychologist, 75:3, p.301-315, 04.2020. https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Famp0000494
  3. Patrick S. Forscher, Calvin K. Lai, Jordan R. Axt, Charles R. Ebersole, Michelle Herman, Patricia G. Devine, Brian A. Nosek: A Meta-Analysis of Change in Implicit Bias. Researchgate, 05.05.2016. https://www.researchgate.net/publication/308926636_A_Me ... it_Bias
  4. Lee Jussim: Stereotype Inaccuracy? Extraordinary Scientific Delusions and the Blindness of Psychologists. Psychology Today, 25.10.2012. https://www.psychologytoday.com/blog/rabble-rouser/201210/stereotype-inaccuracy
  5. Lee Jussim: Is Stereotype Threat Overcooked, Overstated, and Oversold? Heterodox Academy, 30.12.2015. https://heterodoxacademy.org/is-stereotype-threat-overc ... ersold/
  6. Jesse Singal: Psychology's Favorite Tool for Measuring Racism Isn't Up to the Job. New York Magazine, 11.01.2017. http://nymag.com/scienceofus/2017/01/psychologys-racism ... ob.html


Literatur zum Stereotype Threat für Mädchen in Mathematik

  1. Paulette V. Flore, Jelte Michiel Wicherts: Does stereotype threat influence performance of girls in stereotyped domains? A meta-analysis. J. Sch. Psychol. 53:1 (Feb. 2015), p.25-44. DOI 10.1016/j.jsp.2014.10.002, 13.11.2014. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25636259
    We conclude that publication bias might seriously distort the literature on the effects of stereotype threat among schoolgirls. We propose a large replication study to provide a less biased effect size estimate.
  2. Paulette C. Flore, Joris Mulder, Jelte M. Wicherts: The influence of gender stereotype threat on mathematics test scores of Dutch high school students: a registered report. Comprehensive Results in Social Psychology, 30.01.2019. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/23743603.2018.1559647
    Among the girls, we found neither an overall effect of stereotype threat on math performance, nor any moderated stereotype threat effects. Most variance in math performance was explained by gender, domain identification, and math identification.
  3. Ganley, Colleen M.; Mingle, Leigh A.; Ryan, Allison M.; Ryan, Katherine; Vasilyeva, Marina; Perry, Michelle: An examination of stereotype threat effects on girls' mathematics performance. Developmental Psychology, Vol 49:10, S.1886-1897, 10.2013. http://psycnet.apa.org/psycinfo/2013-02693-001/
    Across studies, we found no evidence that the mathematics performance of school-age girls was impacted by stereotype threat. In 2 of the studies, there were gender differences on the mathematics assessment regardless of whether stereotype threat was activated.
  4. Gren Ireson: Gender achievement and social, political and economic equality: a European perspective. Educational Studies 43:1, p.40-50, 27.09.2016. http://tandfonline.com/doi/full/10.1080/03055698.2016.1237868
  5. Steven J. Spencer, Claude M. Steele, Diane M. Quinn: Stereotype Threat and Women's Math Performance. Journal of Experimental Social Psychology 35:1, 25.02.1998. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022103198913737
  6. Gijsbert Stoet, David C. Geary: Can Stereotype Threat Explain the Gender Gap in Mathematics Performance and Achievement? Review of General Psychology 16:1, p.93-102, American Psychological Association, DOI: 10.1037/a0026617, 2012. http://psycnet.apa.org/psycinfo/2012-00560-001/
  7. Gijsbert Stoet, David C. Geary: Sex differences in academic achievement are not related to political, economic, or social equality. Intelligence 48 (January-February 2015), p.137-151, 17.12.2014. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0160289614001688
    ... The results raise doubts about the relation between national equality policies and mathematics achievement, and raise broader questions regarding women's underrepresentation in political, economic, and academic leadership despite stronger academic skills and ...