MRAs vs. PUAs vs. MGTOWs

Inhaltsübersicht

Grundlegende Definition von MRA, PUA, MGTOW

Im Kontext der Geschlechterdebatte kommen immer wieder die Begriffe MRA, PUA und MGTOW vor. Dies sind die Abkürzungen von
  • Mens' Rights Activist bzw. Männerrechtler oder (analog zu Feminist) Maskulist
  • Pick-Up Artist
  • Men Going Their Own Way
Alle haben irgendwie mit dem Geschlechterthema zu tun und wirken von weitem betrachtet ähnlich (und werden diskurstechnisch oft auch in einen Topf geworfen). Die Begriffe sind relativ neu und nicht klar abgegrenzt, sie werden je nach Debattenteilnehmer auch unterschiedlich definiert. Teilweise sind sie Gegenstand von Begriffskriegen. Grundsätzlich unterscheiden sie sich aber ganz erheblich, und zwar hinsichtlich
  1. ihres von außen beobachtbaren Verhaltens, also was tun (oder lassen) diese Personengruppen typischerweise,
  2. der damit verfolgten Absichten, also welche Effekte erzielen sie damit, entweder geplant oder ungeplant, und
  3. der Gründe dafür, also wie sind sie dazu gekommen, was waren die typischen Anlässe und Ursachen.
Insb. die Absichten und Gründe sind oft nur spekulativ zu klären. Die folgenden Definitionen sind eher als idealtypische Charakterisierung zu verstehen, nicht als empirische Analyse einer Population:
  • MRAs bzw. Maskulisten (m/w) - beide Bezeichungen werden weitgehend synonym benutzt - sind Personen, die gegen den verbreiteten Sexismus gegen Männer eintreten und vor allem gegen rechtliche Diskriminierungen von Männern, die vielfach direkt Artikel 3 des Grundgesetzes verletzen, kämpfen. Angestrebter Effekt ist natürlich die Aufhebung dieser Diskriminierungen. Darin sind sie vergleichbar mit Feministinnen der 2. feministischen Welle.
  • PUAs sind heterosexuelle Männer, die einen ausgeprägten Drang nach sexuellen Kontakten zu möglichst vielen Frauen haben und die neben altbewährten klassischen Verführungsmethoden hierzu ggf. auch psychologiebasierte Methoden einsetzen. Abhängig vom ideologischen Standpunkt werden diese Methoden als anrüchig, kriminell und/oder frauenverachtend angesehen und es wird eine Schädigung der betroffenen Frauen erwartet sowie ggf. dies den PUAs als Absicht unterstellt. Als PUAs im engeren Sinne werden oft nur prominente Anbieter und Konsumenten von entsprechenden Ratgebern oder Kursen angesehen.
  • MGTOWs sind Männer, i.d.R. heterosexuelle, die aus den diversen heute vorhandenen rechtlichen und sozialen Diskriminierungen von Männern (namentlich im Scheidungsrecht und im Sexualstrafrecht) die Konsequenz ziehen, keine Ehen oder ähnliche feste Beziehungen mit Frauen einzugehen, keine Familie zu gründen und keine Kinder zu haben. Viele MGTOWs folgen der Einschätzung von Warren Farrell (Farrell (1993)), daß Männer in einer typischen Beziehung mit einer Frau unfrei sind und sich ausbeuten lassen, weil sie mental völlig von der Anerkennung durch eine Frau abhängen. MGTOW kann nur jemand werden, der diese mentale Abhängigkeit von Frauen überwunden und, damit zusammenhängend, auch sein Triebleben unter Kontrolle hat.

    "Gemäßigte" MGTOWs haben ggf. noch lose Beziehungen zu Frauen, gehen aber keine feste Beziehung ein. Radikalere MGTOWs vermeiden zur Risikominimierung jeden privaten Kontakt mit Frauen, was in der MeToo-Ära durchaus plausibel ist. Noch radikalere MGTOWs ziehen sich komplett aus der Gesellschaft zurück.

    MGTOWs haben sich von der üblichen Rollenerwartung emanzipiert, wonach ein Mann als Kavalier Frauen zu umwerben hat, sie ohne Rücksicht auf eigene Verluste schützen und bevorzugen soll, in seiner Lebensplanung vor allem nach hohem Einkommen streben soll, weil er wegen der weiblichen Hypergamie sonst kaum Chancen hat, eine Frau zu finden, sowie jedwede Aggression von Frauen stoisch zu ertragen hat. Hiermit erfüllen MGTOWs ironischerweise eine zentrale feministische Forderung, nämlich sich von überkommenen und schädlichen Stereotypen und sozialen Erwartungen zu emanzipieren. Eventuell war dies aber anders gemeint.



Charakterisierungen im Detail



Soziologische Gruppendefinition vs. Identität

Kann jemand MRA, PUA oder MGTOW sein, der den Begriff nicht kennt, aber auf den die Beschreibung paßt? Sofern man dies bejaht, benutzt man den Begriff als soziologische Beschreibung einer Bevölkerungsgruppe anhand bestimmter Merkmale. Falls nicht, sieht man die Selbstbezeichnung als MRA, PUA oder MGTOW als Kernbestandteil der Definition an.
Treibt man letzteres auf die Spitze, dann ist jeder z.B. MGTOW, der sich als solcher bezeichnet und der dieses Label als Teil seiner Identität und sich selbst als Mitglied einer Gruppe Gleichgesinnter betrachtet, auch wenn er sich nicht wirklich entsprechend den erwarteten Merkmalen verhält.

Man kann hier noch einen Schritt weiter gehen und nur dann jemanden als MRA, PUA oder MGTOW ansehen, wenn er diese Identität auch offensiv nach außen vertritt, z.B. in sozialen Medien. Für alle drei Gruppen gilt es zumindest als typisch, aber letztlich nicht notwendig, daß sich die Mitglieder dieser Gruppen auch explizit als solche bezeichnen.

Alle drei Begriffe (MRA, PUA oder MGTOW) werden oft ohne klare Trennung als soziologische Gruppendefinition oder als Identitätsbestandteil verstanden. Die soziologische Definition führt zu einer wesentlich größeren Gruppe Betroffener als die identitätsbasierte Definition. Wenn man also daran interessiert ist, die Gruppe als irrelevante Randerscheinung zu charakterisieren, wird man die identitätsbasierte Definition unterstellen. Wenn man die Gruppen als Gefahr für die Menschheit darstellen will, wird man die soziologische Definition unterstellen.

Für eine soziologische Sichtweise spielt es natürlich auch eine Rolle, wie groß die jeweiligen Gruppen sind. MRAs und PUAs dürften eher im Promillebereich der Bevölkerung liegen als im Prozentbereich, insb. wenn man "Mitläufer" nicht mitzählt. MGTOWs, als eine spezielle Art von Singles, s. unten, sind je nach Abgrenzung deutlich mehr.

Privat vs. Politisch

Ein auffälliger Unterschied zwischen den vorstehenden Merkmalen besteht darin, inwieweit auf das Privatleben und/oder Politik Bezug genommen wird:
  • MRAs gemäß der obigen Definition sind weit überwiegend politisch orientiert und kämpfen um politische bzw. gesetzliche Änderungen. Motiviert sind viele, insb. entsorgte Väter, zwar durch private Probleme (Kindesentzug), lösen lassen sich diese Probleme aber bei den Betroffenen nur politisch durch Änderungen der Gesetzeslage, die Frauen einseitig bevorzugt. MRAs, die sich gegen Grundrechtsverletzungen wie z.B. Frauenquoten einsetzen, sind hingegen praktisch nie davon persönlich betroffen und streben keine persönlichen Verbesserungen an.
  • PUAs sind begrifflich fast ausschließlich über ihre privaten Beziehungen zu Frauen charakterisiert. PUAs streben zunächst keine politischen Ziele an. Allenfalls infolge der fortschreitenden Verschärfung des Sexualstrafrechts (s.u.) werden sie ggf. zu einem Widerstand gegen diese Verschärfungen getrieben. Ein Teil der PUAs vertritt sehr konventionelle (um nicht zu sagen reaktionäre) Männerbilder, wonach richtige Männer ihre Probleme selber lösen und nur Schwächlinge (und Frauen) die Politik zu Hilfe rufen, eine extrem unpolitische Haltung. Dieser Typus PUA distanziert sich vehement von MRAs.
  • MGTOWs gehen von einer relativ gründlichen Analyse der sozialen und politischen Verhältnisse aus und sind in dieser Hinsicht politisch, aber nur passiv. Die Konsequenzen ziehen sie in ihrem Privatleben. MGTOWs werden von Feministen zwar oft als Gefahr für die Allgemeinheit dargestellt, in einer etwas sachlicheren Analyse kommt das strikt feministische Papier Murdoch (2019) zu folgender, durchaus realistischen Einschätzung:
    "The subcultures of the manosphere by and large undermine their own political growth, be it because they are focused primarily on individual lifestyles (PUAs), actively reject collective action (MGTOW), or discourage - as noted, other than violence - most political action and instead promote a nihilistic worldview (incels)."
    MRAs werden hingegen als gefährlich angesehen, weil sie nicht feministisch und damit rechtsradikal sind. PUAs und MGTOWs haben wiederum diametral entgegengesetzte Absichten hinsichtlich sexueller oder sonstiger Kontakte zu Frauen: möglichst viele vs. gar keine oder fast keine.

Weibliche MRAs, PUAs, MGTOWs

Sehr gut verdeutlichen kann man sich die Unterschiede zwischen den drei Gruppen auch daran, ob Frauen bzw. Schwule die jeweiligen Rollen einnehmen könnten.

Frauen können ohne weiteres MRAs sein, es gibt sogar eine ganze Reihe sehr bekannte und aktive weibliche MRAs, z.B. Erin Pizzey, Karen Straughan (a.k.a. girlwriteswhat) und Prof. Janice Fiamengo.

Frauen können wörtlich genommen keine PUAs sein, weil sie kein Mann sind. Wenn man die Rollen vertauscht und die Beherrschung von Verführungstechniken und hohen Männerverschleiß als Kriterium heranzieht, sind ziemlich viele Frauen PUAs. Sinnvoll ist der Begriff trotzdem nicht, weil Frauen wegen der Libido-Differenz zwischen Männern und Frauen i.a. keine Probleme haben, viele Sexualpartner zu finden (sofern ihre Ansprüche nicht zu hoch sind). Teure Verführungskurse für Frauen gibt es daher nicht.

Weibliche PUAs verursachen im Gegensatz zu männlichen keine wütenden Proteste in unseren feministischen Medien, d.h. medial existieren sie praktisch nicht.

Aus den gleichen Gründen können Frauen auch keine wörtlich genommenen MGTOWS sein. Wenn man wiederum die Geschlechterrollen vertauscht, ist es in westlichen Gesellschaften kaum vorstellbar, daß Frauen nur deswegen Beziehungen zu Männern ablehnen, weil sie gesetzlich diskriminiert werden, denn sie werden ja privilegiert.

Homosexuelle MRAs, PUAs, MGTOWs

Die drei Gruppen unterscheiden sich auch darin, ob Schwule die jeweiligen Rollen einnehmen könnten.

Schwule dürften in etwa den gleichen Anteil unter den männlichen MRAs haben wie in der allgemeinen Bevölkerung (ca. 1 - 3%). Der vermutlich weltweit bekannteste schwule MRA ist bzw. war Milo Yiannopoulos.

Schwule können sinngemäß keine PUAs sein (allenfalls Bisexuelle). Die Libido-Differenz zwischen Männern und Frauen, die grundlegend für das Phänomen PUA ist, existiert in analoger Form nicht zwischen Schwulen.

Schwule können keine MGTOWs in dem Sinn sein, entgegen einer gynophilen sexuellen Attraktion keine Kontakte zu Frauen zu suchen - solche Kontakte suchen sie sowieso nicht. Schwule können durchaus MGTOWs in dem Sinn sein, sich weitgehend aus einer frauenzentrierten Gesellschaft zu verabschieden, weil sie als Mann vom Sexismus gegen Männer und gesetzlichen Diskriminierungen von Männern genauso betroffen sind wie Heteros. Es gibt einige verblüffende Parallelen zwischen hetero-MGTOWs und Schwulen: Ein Hetero, der sich von seinem biologisch begründeten Trieb, Frauen zu hofieren, emanzipiert hat und Frauen als geschlechtslose Wesen behandelt (interessanterweise eine feministische Forderung), ist in diesem sehr markanten Aspekt der Interaktion mit Frauen kaum noch von einem Schwulen zu unterscheiden. Aus dieser speziellen Perspektive sind alle Schwule automatisch MGTOWs.

Historische Vorgänger

Alle drei Begriffe sind noch relativ jung und werden erst seit ca. 10 Jahren in einschlägigen Kontexten häufiger benutzt. Die Denk- und Handlungsmuster sind allerdings so ähnlich teilweise schon viel früher aufgetreten.

PUAs hießen früher je nach Kontext und Zeitalter Aufreißer, Casanova, Don Juan, Frauenheld, Gigolo, Hallodri, Herzensbrecher, Hurenbock, Ladykiller, Playboy, Schürzenjäger, Weiberheld, Wüstling usw. Diese Bezeichnungen sind alle mehr oder weniger negativ konnotiert, d.h. die soziale Ächtung von hohem "Frauenverschleiß" ist historisch nichts neues. Ratgeber zum Verführen von Frauen hat es ebenfalls schon immer gegeben. Die einzige Besonderheit von PUAs ist die viel bessere Sichtbarkeit in den Zeiten des Internets und die Leichtigkeit, mit der Shitstorms und Aufschreie gegen Männer i.a. und PUAs im besonderen organisiert werden können.

MGTOWs sind in erster Näherung freiwillige Singles. Freiwillige Singles gab es schon immer. Ältere Bezeichnungen wie Hagestolz oder "eingefleischter Junggeselle" deuten auf eine bewußte, gesellschaftlich aber mißbilligte Entscheidung hin, Single zu bleiben, In religiösen Kontexten findet man die Begriffe Zölibatäre und Mönche, die nicht negativ besetzt sind und bei denen offen bleibt, ob der Zölibat allein religiöse Gründe hat. Die eigentliche Frage ist hier, worin sich MGTOWs von "gewöhnlichen" Singles unterscheiden und ob diese Unterschiede schon früher existierten. Diese Abgrenzung ist nicht ganz trivial und Thema des nächsten Abschnitts.

MRAs sind eine Reaktion auf umfassende rechtliche und soziale Diskriminierungen von Männern, die es in der heutigen Form erst seit ungefähr den 1990er Jahren gibt. Insofern haben MRAs keine historischen Vorgänger.

Nachtrag: Incels

Durch einen Massenmord in Toronto Anfang 2018 wurde eine relativ kleine Gruppe von Männern bekannt, die sich selber als "Incels" - "involuntary celibates" -, also unfreiwillig zölibatär lebende Männer. Incels hätten gerne eine Frau, sehen aber keine Chance mehr, dieses Ziel jemals zu erreichen. Sie entwickeln diverse, z.T. abenteuerliche Theorien über die Ursachen ihres Problems, analog zu ähnlich absurden feministischen Theorien über eine "Vergewaltigungskultur" oder ein "Patriarchat". Incels haben oft einen ausgeprägten Haß auf Frauen und auf erfolgreichere Männer. Besonders markant ist die Neigung, sich als Opfer bzw. oben in einer Opferstatushierarchie zu sehen. Eine ausführliche Beschreibung liefert Myers (2018).

Für die feministische Presse ergriff freudig die Gelegenheit, die Gleichsetzung MRAs = Incels zu proklamieren, um Männerrechtler als potentielle Massenmörder zu diskreditieren. Die meisten MRAs sind aber verpartnert, nicht zu reden von weiblichen MRAs. Die Gleichsetzung MRAs = Incels ist daher absurd. MGTOWs sind ebenfalls keine Incels: viele MGTOWs leben in losen Beziehungen, und sofern sie Single sind, dann freiwillig (s. nächster Abschnitt). PUAs ähneln insofern Incels, als beide darauf fixiert sind, unbedingt eine Beziehung zu einer Frau zu haben. PUAs gehen das Problem aber insofern konstruktiv an, daß sie versuchen, ihren sexuellen Marktwert zu erhöhen oder (teilweise anrüchige) Verführungstechniken zu erlernen. Manche haben dabei viel "Erfolg", sind also das Gegenteil von zölibatär. PUAs entwickeln auch nicht den für Incels typischen Haß auf Männer, die Erfolg bei Frauen haben, sondern versuchen eher, deren Erfolgrezepte zu kopieren.



MGTOWs vs. Singles

Singles (m/w) sind seit vielen Jahren ein Massenphänomen in vielen Industriestaaten, das u.a. im Kontext des Bevölkerungsschwunds vielfach analysiert wurde. Das krasseste Beispiel sind die extrem hohen Single-Anteile unter jungen Menschen in Japan, die schon seit ca. 2010 Thema vieler Presseartikel, z.B. Harlan(2010), sind. Die männlichen Singles werden in Japan auch verächtlich als "Grasfresser" ("herbivores") bezeichnet. Parallel dazu beschreiben diverse Artikel, z.B. Twenge (2017), daß junge Menschen auch in anderen Ländern immer weniger Sex haben.

Unfreiwillige vs. freiwillige Singles

Es gibt viele Gründe für ein Singledasein. Klassische Gründe für ein unfreiwilliges Singledasein sind hohes Alter, wenig Bildung, geringer sozialer Status, (weibliche) Hypergamie, sonstige nicht selber behebbare Unattraktivität oder Pech bei der Partnersuche.

Unfreiwillige Singles leiden regelmäßig unter ihrem Status. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht normalerweise ein stabiles soziales Umfeld. Der Sexualtrieb ("Libido") ist nach dem Überlebenstrieb einer der wichtigsten Triebe überhaupt; ihn nicht zu befriedigen kann krank machen. Sowohl die sozialen wie sexuellen Bedürfnisse sprechen dagegen, daß es so etwas wie freiwilliges Singledasein geben kann. Allerdings sind diese Bedürfnisse nicht bei jedem gleich intensiv, bei einer Minderheit sind sie nur gering ausgeprägt. Echt freiwillige Singles dürften i.d.R. dieser Minderheit angehören.

Klassische Beispiele für freiwillige Singles (oder allgemeiner für diverse Formen von Askese) finden sich in vielen Religionen, u.a. bei christlichen Mönchen oder in der Yoga-Philosophie. Freiwillige Singles sind also keineswegs unmöglich. Charakteristisch ist hier, daß man die Erfüllung der sozialen und sexuellen Bedürfnisse zugunsten höherer Ziele wie Gottesverehrung oder Selbstverwirklichung zurückstellt.

MGTOWs sind ebenfalls prinzipiell als freiwillige Singles anzusehen, alleine die Selbstbezeichnung deklariert, daß going their own way als Single eine bewußte Entscheidung war und eine feste Beziehung im Prinzip realisierbar gewesen wäre. Das Singledasein wird aber ganz anders als bei religiösen Singles begründet, und zwar i.w. durch eine negative Kosten-/Nutzen-Betrachtung von festen Beziehungen.

Kosten-/Nutzen-Betrachtung von festen Beziehungen

Von MGTOWs werden als Argument gegen Beziehungen zu Frauen besonders häufig folgende Risiken genannt:
  1. das heutzutage sehr hohe Risiko, daß eine Ehe scheitert, i.d.R. auf Betreiben der Frau,
  2. das sehr hohe Risiko, daß, sofern die Ehe scheitert und Kinder vorhanden sind, diese im Streitfall automatisch der Frau zugesprochen werden und daß der Mann für viele Jahre zum Zahlesel degradiert wird,
  3. das Risiko, daß die Frau bei einem Streit (insb. bei Sorgerechtsstreitigkeiten) den Mann denunziert und/oder sexuelle Belästigungen erfindet, die automatisch zu einer Vorverurteilung und ggf. Inhaftierung des Mannes führen, also eine existenzielle Bedrohung darstellen. Eine wesentliche Rolle spielt hier die extreme Verschärfung des Sexualstrafrechts, die mehr oder minder explizit als bewußter Gesetzesterror gegen Männer gedacht ist.
Hinzu kommen Risiken bzw. Nachteile wie überzogene Anspruchshaltung eines Partners, Einschränkungen des Lebenswandels und der Karriereoptionen (wie im Film "La La Land" filmisch illustriert) u.a.m.

Diese Risiken sind keineswegs unbekannt, zumal der Feminismus seit Jahrzehnten mit ähnlichen Argumenten Frauen intensiv vor den Risiken einer Ehe warnt. Sie spielen ganz generell bei allen eine Rolle, die erwägen, eine feste Beziehung einzugehen. Insofern kann man sich eher fragen, warum es nicht noch mehr Singles gibt. Eine interessante Antwort hierauf lieferte Tali Sharot in einem sehr sehenswerten Vortrag auf der TED Konferenz 2012. Darin erklärt sie die verbreitete Selbsttäuschung durch Optimismus und argumentiert, daß das erstaunliche Ignorieren des enorm hohen Ehescheidungsrisikos nur als "kognitive Täuschung", also geistige Fehlleistung erklärt werden kann. Das Eingehen derart hoher Risiken würde man in anderen Kontexten als verrückt ansehen.

Insofern sind Singles und MGTOWs weitaus rationaler als Verpartnerte. Die Kehrseite der Rationalität ist die Gefahr, in Nihilismus und Defätismus zu verfallen.

Alternativen zu festen Beziehungen

Parallel zu den erhöhten Risiken verliert ein zentrales Argument zugunsten einer festen Beziehung, nämlich Sex, für viele Männer an Bedeutung: das Internet bzw. Partnerbörsen liefern viel mehr Möglichkeiten für lose Beziehungen als früher. Ferner sind diverse Formen von Selbstbedienung heute enttabuisiert, d.h. die Entscheidung, sich überhaupt zu verpartnern, steht zur Disposition.

"Feministische Kastration"

Aus biologischen Gründen sind (heterosexuelle) Männer darauf programmiert, sexuelle Kontakte zu Frauen als extrem positiv zu bewerten und diese aktiv anzustreben. Diese Bewertung kann sich allerdings in einer feministischen Gesellschaft, namentlich in der metoo-Ära, stark reduzieren oder sogar in ihr Gegenteil, also die Ablehnung von sexuellen Kontakten, verkehren. D.h. man(n) verliert weitgehend die Lust auf Sex, was funktional sozusagen auf eine (feministische) psychologische Kastration hinausläuft:
  • Die notorische Dämonisierung männlicher Sexualität in feministischen Medien und Parteien kann zu einer - sonst nur in religiösen Kontexten beobachtbaren - subjektiven Ablehnung und daraus folgenden Unterdrückung der eigenen Sexualität führen.
  • Die mediale Dämonisierung hat ferner zu einer immer stärkeren Verrechtlichung von Sexualität geführt. In der metoo-Ära wird vom Mann erwartet, bei sexuellen Kontakten ständig erneut die Zustimmung der Frau einzuholen, die sich nachträglich immer als schutzlos und unmündig darstellen kann. Ein Musterbeispiel für das resultierende Risiko ist die Affäre um Aziz Ansari: selbst kleinste "Verfehlungen", die weit entfernt von strafbaren Handlungen sind, können wegen der Machtasymmetrie zwischen Frauen und Männern desaströse Konsequenzen für den Mann haben. Auch eine schriftliche oder per Video aufgezeichnete mündliche Einverständniserklärung der Frau hilft nicht bei einer Anklage, denn diese Einverständniserklärung kann schon in der nächsten Minute ungültig werden, weil die Frau sich innerlich anders entschieden hat.

    Wenn man beim Sex aber ständig aufpassen muß, ob die Frau eventuell subtile, nichtverbale Signale aussendet, daß sie jetzt doch nicht mehr völlig einverstanden ist, macht das den Sex eher zu einer Strafarbeit, auf die man gut verzichten kann.

Bewußtseinsunterschiede MGTOWs vs. andere Singles

Der Unterschied zwischen MGTOWs und anderen (nichtreligiösen) freiwilligen Singles liegt also weniger in den prinzipiellen Gründen, Single zu sein, sondern darin, daß MGTOWs die Gesetzeslage hinsichtlich Kontakten mit Frauen bzw. Ehe besser kennen und die dort vorhandenen Risiken expliziter wahrnehmen und als höher bzw. realistischer einschätzen.

Im Vergleich zu anderen Singles sind MGTOWs auch offener und expliziter in der Kommunikation ihrer Risikoeinschätzung: im Internet sind MGTOWs ziemlich präsent (vielfach leider in extrem gehässiger Form). Vieles ist i.w. Protest gegen männerdiskriminierende Gesetze (solche nicht radikalen MGTOWs sind zugleich MRAs; ein fortgeschrittener MGTOW würde allerdings keinen besonderen Wert auf Kommunikation mit der Restgesellschaft legen).

Mediale Darstellung von MGTOWs und deren Motivation

Die Einschätzung von MGTOWs, daß von einer Frau ein relativ hohes Risiko für das Scheitern einer Beziehung ausgeht, wird von Feministen regelmäßig als Frauenfeindlichkeit interpretiert. Aus feministischer Sicht kann nämlich von Frauen als keinerlei Risiko ausgehen, da Frauen aufgrund ihrer moralischen Unbeflecktheit unfähig zu Lügen, Falschanschuldigungen oder jeglichem Verbrechen sind. Exakt diese These formuliert die Hashtag-Kampagne #BelieveWomen. Sofern eine Beziehung scheitert, kann dies also nur am Mann liegen. Diese feministischen Angriffe tragen neben den Selbstdarstellungen wesentlich zur öffentlichen Wahrnehmung von MGTOWs bei.

Diese feministische Diskursstrategie ist an Doppelzüngigkeit kaum zu überbieten. Jungen Mädchen wird regelrecht eingehämmert, daß sie einen Mann als extremes Risiko für das Scheitern einer Beziehung ansehen sollen, weil der Mann sie wahrscheinlich früher oder später für eine andere Frau verlassen, mit den Kindern alleine lassen und dem Elend ausliefern wird. Weil eine Scheidung als der einzig einzukalkulierende Fall angesehen wird, wird die klassische, grundsätzlich auf lebenslängliche Dauer angelegte Versorgerehe mit einem männlichen Hauptverdiener von Feministinnen verbissen bekämpft. Der feministische Kampf gegen die lebenslängliche Ehe wird natürlich auch von jungen Männern wahrgenommen. Die Hetze gegen Männer erhöht daher die Einschätzung des Risikos, eine Beziehung mit einer Frau einzugehen.

MGTOWs wird in diesem Zusammenhang auch vorgeworfen, ihre Risikoeinschätzung von Frauen sei unrealistisch und man würde Einzelfälle von bösartigen Frauen - die es natürlich immer gibt - auf alle Frauen verallgemeinern und verabsolutieren, also sexistisch argumentieren. Letztlich wird dies als Beweis für generellen Frauenhaß von MGTOWs gewertet. Diese Vorwürfe, insb. der Frauenhaß-Vorwurf sind allerdings bestenfalls Denkfehler, oft selber nur sexistische Propaganda.

  • Die extrem hohe Scheidungsquote ist eine empirische Tatsache (s. Sharot (2012)) und keine unzulässige Verallgemeinerung von Einzelfällen. Deren emotionslose Einkalkulierung ist kein Anzeichen für Frauenhaß, sondern von Grundkenntnissen in Statistik.
  • Das Risiko, durch eine Trennung finanziell ruiniert bzw. für Jahrzehnte zum Zahlesel zu werden, geht in erster Linie von den Gesetzen bzw. der juristischen Praxis aus, die Frauen bei Scheidungen extrem bevorzugt, nur indirekt von "den Frauen". Frauen werden allenfalls dazu verführt, diese Ungleichbehandlung zu ihren Gunsten auszunutzen. Die Weigerung, in so einem Rechtssystem eine Beziehung zu einer Frau einzugehen, ist in erster Linie ein Protest gegen die juristischen bzw. sozialen Verhältnisse. Noch einen Schritt weitergehend verstehen manche MGTOWs ihre Haltung als Protest gegen eine frauenzentrierte Gesellschaft, die sie nicht weiter unterstützen wollen.
  • Die Entscheidung, freiwillig Single zu bleiben, wird ferner immer im konkreten sozialen Umfeld und den dort verfügbaren Optionen getroffen, nicht in einer abstrakten, Millionen Frauen umfassenden Population. Ferner muß der Suchaufwand in vertretbarem Rahmen bleiben. Wenn also unter den beschränkt vielen, realistisch infragekommenden Frauen nichts passendes zu erwarten ist, dann ist damit keine Aussage über Millionen andere Frauen verbunden.


Kompensatorischer Gesetzesterror gegen Männer im Sexualstrafrecht

Kompensatorischem Gesetzesterror gegen Männer im Sexualstrafrecht ist motiviert durch das Problem, daß viele Sexualdelikte nur schwer nachzuweisen sind. Die Delikte liegen in einer Grauzone, zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten bestehen oft nur subtile Unterschiede. Mißverständnisse und Kommunikationsdefizite machen es in vielen konkreten Fällen schwierig, eine Schuld nachzuweisen.

Speziell in den USA ist die Frage, welcher Anteil der Sexualdelikte tatsächlich durch eine Verurteilung bestraft werden, zu einem Politikum geworden. Durch jahrelange Propaganda unter dem Schlagwort "rape culture" und gefakte Statistiken, wonach 20% aller Studentinnen wenigstens einmal während ihres Studiums vergewaltigt werden, wurde suggeriert, daß nur ein winziger Bruchteil der Vergewaltigungen von Frauen bestraft wird. Durch diese Propaganda wird ferner bei Frauen ganz allgemein Angst erzeugt bis hin zum Gefühl, ständig akut bedroht und einem Terror ausgesetzt zu sein. Durch diese medial erzeugte Konditionierung von Frauen werden auch entsprechende Presseberichte verstärkt wahrgenommen. Daß seit Jahren die Verurteilungen sinken, wird nur als Beweis einer sinkenden Verurteilungsquote und noch größerem Risiko interpretiert, nicht als Widerlegung der Propagandaaussagen.

Der kompensatorische Gesetzesterror gegen Männer hat im Prinzip die Absicht, dieses gefühlte kollektive Unrecht, unter dem Frauen subjektiv leiden, durch Gesetze zu kompensieren, durch die Männer besonders leicht und häufig verurteilt werden können, also objektiv dokumentierbar existenziellen Risiken ausgesetzt werden. Beispiele für entsprechende Gesetze sind die Feme-Gerichtsbarkeit an amerikanischen Universitäten (in Deutschland 2015 durch den Fall Paul Nungeßer bekannter geworden), das "Yes Means Yes"-Gesetz in den USA (das besser "Anyting can mean No" heißen sollte) und das neue Sexualstrafrecht in Deutschland.

Insb. sollen die neuen Gesetze Fehlurteile zulasten von Männern erleichtern. Als Beispiel für diverse Quellen, die den kompensatorischen Gesetzesterror rechtfertigen und seine Funktionsweise beschreiben, sei hier Klein (2014) zitiert:

[the Yes Means Yes law] will settle like a cold winter on college campuses, throwing everyday sexual practice into doubt and creating a haze of fear and confusion over what counts as consent. ... "Yes Means Yes" needs to create a world where men are afraid. .... the law is only worth the paper it's written on if some of the critics' fears come true. Critics worry that colleges will fill with cases in which campus boards convict young men (and, occasionally, young women) of sexual assault for genuinely ambiguous situations. Sadly, that's necessary for the law's success.
D.h. in Situationen, in denen die Schuldfrage nicht eindeutig zu klären ist, soll in der Regel der Mann verurteilt werden, um die Zahl der Verurteilungen zu erhöhen. Fehlurteile werden bewußt inkauf genommen und sind nachgerade erwünscht, weil sie den Terror verstärken:
there's the true nightmare scenario: completely false accusations of rape by someone who did offer consent, but now wants to take it back. I don't want to say these kinds of false accusations never happen, because they do happen, and they're awful. But they happen very, very rarely. Sexual assault on college campuses, by contrast, happens constantly.
Hier wird ein Unrecht gegen ein anderes, das ganz anderen Personen widerfährt, aufgerechnet, eine steinzeitliche Sippenhaft-Argumentation. Die Annahmen über Ausmaß des von Vergewaltigungen oder sexuellen Belästigungen basieren auf absurden, vielfach widerlegten Statistiken, während umgekehrt das Ausmaß von Falschanklagen auf der These "Frauen lügen nicht" bzw. sind die moralisch besseren Menschen basiert.

Die Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts 2016

Im Sommer 2016 beschloß der deutsche Bundestag eine Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts, die insb. von radikalfeministischen Juristinnen und der SPD vorangetrieben worden war und das angebliche "gravierende Schutzlücken" beseitigte. Der Strafrechtsprofessor Thomas Fischer hatte schon vorher die These von den Schutzlücken vehement bestritten (Fischer (2016)) und darauf hingewiesen, daß es sich bei diesen Lücken und schwer justiziable Graubereiche (also "genuinely ambiguous situations" nach Ezra Klein) handele und die Gesetzesformulierung und -Begründung mit unscharfen Begriffen arbeitet. Das Gesetz erzeugt so eine erhebliche Rechtsunsicherheit, weil die Strafbarkeit eigener Handlungen kaum einzuschätzen ist (vgl. Stevens (2016)).

Das Gesetz ist geschlechtsneutral formuliert, aber nicht so intendiert. Für die feministische Strafrechtsprofessorin Tatjana Hörnle ist der Fall, daß Männer Gebrauch von dem Gesetz machen könnten, nicht vorgesehen und sozusagen absurd:

TAZ: Ein weiteres Problem der neuen Rechtslage: Ein Paar liegt im Bett, sie will Sex. Er sagt, er sei zu müde. Sie gibt nicht auf und streichelt seinen Penis, bis er doch Lust hat. Ist das künftig strafbar, weil sie sein Nein ignoriert hat?

Hörnle: Das Verhalten der Frau mag zwar den Tatbestand des neuen Gesetzes erfüllen. Aber ich bitte Sie, welcher Mann zeigt seine Partnerin nach einer solchen Situation an? (Hoernle (2016))

Eine feministische Richterin würde offenbar eine Klage eines Mann nicht gerade wohlwollend behandeln. D.h. auch dieses Gesetz ist dazu gedacht, Frauen einseitig Möglichkeiten zu verschaffen, Männer unschuldig ins Gefängnis zu bringen.


Literatur