Samstag, 20. August 2016

Zerrbilder von Männern


Update: Der hier besprochene Artikel ist inzwischen unter http://www.zeit.de/2016/34/genderforschung-maennlichkeit-master-usa-michael-kimmel-feminismus/komplettansicht frei zugänglich, leider ohne das Bild der verzerrten Statue. Die Kritikpunkte können nun durch Verweise auf entsprechende Textstellen, die man ggf. im Kontext des Artikels lesen bzw. überprüfen kann, belegt werden. Daher wurde noch ein Anhang mit einer detaillierten Textanalyse ergänzt, in deren Rahmen auch einige interessante Einschätzungen der Gender Studies zitiert werden.


Inhaltsübersicht
   1 Ein Zerrbild
   2 Die Hauptfigur
   3 Die Botschaft
   4 Das Forschungszentrum Männer und Männlichkeiten
   5 Der "Master in Männlichkeiten"
   6 Fazit
   7 Quellen
   8 Detaillierte Textanalyse
   9 Einschätzung der Gender Studies

Aktuell bringt das Phänomen "Donald Trump" das Thema böse Männer wieder in den Vordergrund - dies dürfte ein Motiv für die ZEIT, einem führenden feministischen Zentralorgan, gewesen sein, in der Ausgabe vom 11.08.2016 immerhin fast die ganze Seite 61 dem Thema böse Männer und deren feministischer Erforschung zu widmen. Der von Grönemeyer entlehnte Titel des Artikels von Mounia Meiborg "Wann ist ein Mann ein Mann?" paßt nicht ganz exakt zum Inhalt, denn er reitet eher auf dem Stereotyp vom irritierten Mann herum (der eigentlich so irritiert ist, daß er schon gar nicht mehr weiß, ob er böse sein wollen darf).

Ein Zerrbild

Schon eher zum Inhalt paßt ein großes Bild, das fast die Hälfte der Seite einnimmt. Es zeigt eine männliche Statue, das Bild ist allerdings im Bereich von Bauchnabel bis Knie abwechselnd abrupt nach links und rechts verschoben, die arme Statue ist dadurch optisch stark verzerrt. Wohlwollend interpretiert und durchaus zutreffend deutet das Bild an, daß heutzutage von allen Seiten an "dem Mann als solchem" herumgezerrt wird und er sich furchtbar verbiegen muß, um allen widersprüchlichen Anforderungen gerecht zu werden. Eine andere Interpretation drängt sich auf, wenn man den feministischen missionarischen Eifer der ZEIT kennt und weiß, daß dort üblicherweise ein Zerrbild von Männern und Männlichkeit gezeichnet wird.

Die Hauptfigur

Wo wir gerade beim Zeichnen von Zerrbildern von Männern sind: der vielleicht bekannteste international bekannte männliche Spezialist hierfür ist Michael Kimmel. Er ist die Hauptfigur im Meiborg-Artikel, einer der bekanntesten Professoren der Gender Studies und u.a. Autor des Buchs The Gendered Society, das inzwischen in 5 Auflagen erschienen ist. Cathy Young weist in diesem Buch erhebliche Fehler, im einzelnen sogar frei erfundene Behauptungen über Männer nach, die in analoger Form bei Frauen als pure misogyne Hetze gelten würden. Young kommt zum Fazit "The Gendered Society is widely used in college courses. And if it is indeed the most balanced gender studies textbook available - which may well be true - that says a lot about the rest."

Die Hetze gegen Männer in "The Gendered Society" ist symptomatisch und keine Ausnahme, hier, hier oder hier findet man viele weitere Beispiele. Damit ist Kimmel natürlich bestens qualifiziert für regelmäßige glorifizierende Darstellungen in der ZEIT, neben dem hier besprochenen Text z.B. in einem sehr zuvorkommenden Interview oder hier, hier, hier oder hier, wo die umstrittenen Thesen von Kimmel als eherne Weisheiten zitiert werden.

Die Botschaft

Der Artikel stand in der Rubrik "Chancen", was thematisch wohl eine Mischung von Themen wie Bildung, Arbeitsmarkt, Diskriminierung u.ä. andeuten soll. Wie schon einleitend erwähnt kommen Teile des Artikels unheilschwanger daher und erwähnen mit Bezug auf den Lieblingsfeind Donald Trump, daß es immer mehr böse Männer gibt, diese immer aggressiver werden (in Talk-Shows zumindest, nicht gemeint sind Männer auf dem Kölner Hauptbahnhof) und "mit voller Wucht auf die politische Bühne drängen". Dramaturgisch wendet sich das Blatt in der zweiten Hälfte des Artikels zum Guten, denn hier wird über die Erforschung der bösen Männer durch Herrn Kimmel und sein Center for the Study of Men and Masculinities und über den "Master in Männlichkeit" (um Verständnisfehlern vorzubeugen: hier geht es nicht um Pick-Up-Techniken) berichtet.

Das Forschungszentrum Männer und Männlichkeiten

Als Maskulist findet man die Absicht, Männer zu erforschen, prinzipiell gut - diese Forschung sollte dann aber seriös und ergebnisoffen sein. Ein Blick auf die Seite Media Coverage des Kimmel-Instituts zeigt aber sehr deutlich, wo der Hammer hängt: dort gelistete Texte wie 12 Ways Masculinity is Actually Killing Men, Why feminism is good for men oder On What Men Have To Gain From Feminism, verfaßt u.a. von bekannten Radikalfeministinnen wie Gloria Steinem und natürlich auch Kimmel selber, haben mit wissenschaftlicher Erforschung von Männern nichts zu tun. Diese Texte sind klassische feministische Propaganda. Eine Liste wissenschaftlicher Publikationen in referierten Zeitschriften, üblicherweise der Stolz jedes Forschungsinstituts, ist seltsamerweise nicht zu finden, obwohl das Zentrum schon gut 3 Jahre existiert.

Ein Blick auf die Zusammensetzung des Direktoriums und des Steering Committees bestätigt den Eindruck, daß hier niemand Zutritt hat, der nicht ausgewiesener Feminist ist.

Der "Master in Männlichkeiten"

Der Meiborg-Artikel hat den Untertitel: "Eine amerikanische Universität bietet jetzt einen Master in Männlichkeit an." Im Text des Artikels wird der Eindruck erweckt, daß eine Gruppe von 20 Studenten an einem Seminar über die "Soziologie des Geschlechts" im Rahmen dieses Studiengangs teilnimmt.

Schon rein sprachlich ist "Master in Männlichkeit" grauenhaft, analog würde man einen Masterstudiengang Elektrotechnik als Master in Elektrizität bezeichnen. Diese sprachliche Schlampigkeit ist leider auch charakteristisch für die inhaltliche Schlampigkeit des Artikels: es wäre schon sinnvoll gewesen, die korrekte Bezeichnung des Masterstudiengangs zu verraten, oder sogar einen Link auf die Webseite des Studiengangs, nur für den Fall, daß jemand (wie ich) nachsehen will, aus welchen Fächern oder Modulen das Curriculum aufgebaut ist, wer die Dozenten sind, wie teuer die Studiengebühren sind usw.

Dummerweise findet man keine Informationen über einen derartigen Studiengang der Stony Brook University im Netz, wenn man nach entsprechenden Stichworten sucht. Auch die Webseite des Kimmel-Zentrums enthält keine Hinweise, wo und wie man sich in den angekündigten Studiengang immatrikulieren kann.

Laut einer vielzitierten Pressenotiz der Stony Brook University vom 20.05.2013 entwickelt das Zentrum "a new Master of Arts program in Masculinity Studies scheduled to begin in fall 2017". Es wäre sehr überraschend, wenn der Master-Studiengang, dessen Inhalte offenbar noch nicht ganz feststanden, statt in 4.5 Jahren schon in 2.5 Jahren entwickelt und akkreditiert wurde. Alleine die formelle Akkreditierung eines neuen Studiengangs dauert typischerweise ein Jahr. Es widerspricht auch jeder Lebenserfahrung, daß eine amerikanische Universität einen Studiengang derart gut im Netz vor Google versteckt und bei der Neueinrichtung keine Werbekampagne mit Pressenotizen usw. startet.

Es deutet also alles darauf hin, daß der Studiengang noch nicht existiert, die entsprechende Behauptung des Artikels falsch ist und die geschilderten Studenten irgendetwas anderes studieren. Ein Minimum an investigativem Journalismus hätte die Unauffindbarkeit des Studiengangs bemerken oder zumindest hinterfragen müssen.

Fazit

Insgesamt ist der Artikel klassische feministische Desinformation. Zu den Themen, die der Titel andeutet oder auf die sich der Inhalt faktisch konzentriert, erhält man keine belastbaren Informationen - eine zentrale Angabe ist höchstwahrscheinlich objektiv falsch -, schon gar keine neuen und aktuellen. Stattdessen wird mit anekdotenhaften Histörchen dargestellt, wie gut und edel die Studenten der Gender Studies sind und wie wichtig und alternativlos diese Studien sind. Großenteils ist das ein Wohlfühltext für das feministische Stammpublikum, das eine regelmäßige Erhaltungsdosis an Nachrichten braucht, wie schlimm die bösen Männer sind und daß die Erlösung von dieser Plage der Menschheit durch den Feminismus und die Gender Studies kommen wird. Amen.

Quellen



Detaillierte Textanalyse

Der Hauptkritikpunkt an dem Artikel, i.w. klassische feministische Desinformation bzw. Propaganda zu verbreiten, kann mit einer langen Liste von Textstellen belegt werden. Bei einem Netto-Inhalt von ca. 3 Druckseiten bzw. 150 Zeilen weist die unten folgende Liste - die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt - ca. 5 Stellen pro Seite nach, die Intensität der Propaganda ist also erheblich.

In den Belegstellen kommen viele gängige feministische Argumentationsmuster und Propagandatechniken zum Einsatz. Insofern ist diese Textanalyse auch eine gute Übung im Erkennen von derartiger Desinformation.

Es ist sinnvoll, den Text zunächst ganz lesen und sich eine eigene Meinung zu bilden und danach die eigene Textrezeption mit der hier dargestellten zu vergleichen.

Die nachfolgend zitierten Textstellen erscheinen in dieser Reihenfolge im Text.

  1. Michael Kimmel erzählt oft ..
    Kimmel wird als eine hochvertrauenswürdige, in den Medien präsente Person eingeführt. Daß er hochumstritten und u.a. wegen seiner nachgewiesenen Falschaussagen über Männer als fanatischer Männerhasser gilt, wird verschwiegen.
  2. Männer hielten ihre gesellschaftlichen Privilegien für normal und wollten, daß sie weiter bestünden, sagt Kimmel. Doch dieser Anspruch ...

    Hier und an vielen Stellen im Text wird mit der Hypnose- (bzw. Propaganda-) Technik Ambiguität gearbeitet. Wer alles sind "die Männer"? Welche "Privilegien" haben Männer? (etwa die Wehrpflicht?)

    Das Zitat enthält die implizite pauschale Aussage, Männer seien ein privilegiertes Geschlecht, wobei der Begriff privilegiert in diesen Kontexten stets als "zu Unrecht privilegiert" zu verstehen ist. Die implizite Aussage ist soziologisch betrachtet grober Unsinn, diese Falschbehauptung ist klassische feministische Propaganda.

    Auch wenn die Aussage nur als Zitat einer Person präsentiert wird, macht sich der Artikel diese Aussage trotzdem zu eigen, da sie nicht hinterfragt, sondern durch spätere ähnliche Aussagen bestätigt wird.

    Die Falschbehauptung über Männer wird, um sie glaubwürdiger erscheinen zu lassen, einer vorher als besonders vertrauenswürdig vorgestellten Person in den Mund gelegt. Die hier benutzte Argumentationstechnik "Autoritätsverweis" ist ein Scheinargument.

    Die These, Männer würden "glauben" im Sinne von bewußt meinen, Privilegien zu haben, ist absurd. Typischerweise werden solche Aussagen als unterbewußtes Denken verstanden. Diese These läuft darauf hinaus, daß Männer sozusagen Gedankenverbrechen begehen, wenn sie sich nicht ständig ihre möglicherweise vorhandenen Privilegien bewußt machen. Die Theorie der unterbewußten Privilegien ist hochumstritten und gilt als feministische Propaganda.

  3. Doch dieser Anspruch werde beschädigt unter anderem dadurch, daß immer mehr Frauen beruflichen Erfolg haben und so eine Konkurrenz darstellen.
    Hier wird völlig argumentfrei von der (angeblichen) Existenz von Privilegien auf einen Anspruch, diese Privilegien zu haben, geschlossen. Auch hier bleibt offen, ob dieser Anspruch bewußt oder unbewußt sein soll.
  4. ... die Genderstudies, die in Deutschland erstmals in den neunziger Jahren eine autonome Disziplin bildeten.
    Nein, die Gender Studies sind keine autonome Disziplin, da sie die Kriterien eigenständiger Wissenschaften nicht erfüllen. Sogar in den Selbstdarstellungen wird betont, daß man die Gender Studies nicht mit einer traditionellen Einzeldisziplin vergleichen kann.
  5. ... seit Kurzem lehrt er auch in einem Masterstudiengang für "Studien von Männern und Männlichkeiten".
    ... der leider unauffindbar ist.
  6. ... in 2 - 3 Jahren soll es die ersten Absolventen geben
    Masterstudiengänge dauern üblicherweise 4 Semester, in vielen Fällen sogar nur 2 Semester, und erheben in den USA i.d.R. sehr hohe Studiengebühren. Da viele Studenten diese Gebühren nur mit Mühe finanzieren können und keine finanziellen Reserven haben, wird ihnen praktisch garantiert, das Studium in der Regelstudienzeit zu beenden. Dazu paßt die Aussage nicht, daß die aktuell vorhandenen Studenten irgendwann in 4 - 6 Semestern die ersten Absolventen sein werden.
  7. die aggressiven Männer sitzen nicht nur in der Talkshow
    Erneut mehrfach Ambiguität. Welche Talkshow? Welche Männer? Drückt der Plural "Männer" eine Zahl deutlich oberhalb von 2 aus? Wie ist diese Zahl mit den ständigen feministischen Interviews bzw. Sendungen zu vergleichen? Wann ist man(n) "aggressiv"? Ist Kritik am Feminismus bereits Aggression oder hate speech?
  8. ... weißen Männern, die einst die Mitte der Gesellschaft bildeten, sich durch die Globalisierung aber an deren Rändern wiederfinden - und darauf mit Wut reagieren. Die richtet sich vor allem gegen Minderheiten und Frauen.
    Pauschale rassistische und sexistische Diskreditierung von Weißen bzw. Männern. Von der Globalisierung sind Nichtweiße genauso betroffen. Die These, daß weiße Männer vom sozialen Abstieg betroffene Männer wütend werden (oder wütender als nichtweiße Männer oder beliebige Frauen) und diese Wut typischerweise an Minderheiten und Frauen ab reagieren, wäre noch zu beweisen. Auch hier wieder: formal wird Kimmel zitiert, aber Text macht sich die Aussage zu eigen, weil er vorher jeden Zweifel an der Glaubwürdigkeit Kimmels ausgeräumt hat.
  9. Junge Männer in Jeans und Karohemden, junge Frauen in Röhrenjeans oder Schlabberpullis.
    Hier auftretende Propagandatechnik: Personifizierungen von Sachdebatten. Nebenbei werden hier normative Stereotypen bestärkt, wie sich moralisch integre Leute zu kleiden haben.
  10. Kimmel gibt einen historischen Überblick. Immer wieder hätten Menschen sich auf die Biologie berufen, ...
    Kimmel und große Teile des Feminismus leben in der Vergangenheit, weil damals bei passender Interpretation historischer Dokumente diverse Benachteiligungen von Frauen vorlagen, die man noch heute für Schuldzuweisungen an "die Männer" instrumentalisieren kann. Das im Artikel vorgebrachte medizinische bzw. naturwissenschaftliche Unwissen im Jahre 1873 und der in dieses Unwissen hineininterpretierte Sexismus ist für heutige Debatten völlig irrelevant.

    Die Betonung Jahrhunderte zurückliegender Strukturen ist insofern eine besonders erprobte Propagandatechnik, als sie alte Wunden immer wieder aufreißt und eine falsche Übertragung von früheren Problemen auf die Gegenwart nahelegt.

    Typisch für feministische Propaganda ist hier ferner die pauschale Diskreditierung der Biologie.

  11. "Sexismus, getarnt als Wissenschaft", sagt Kimmel. Er zeigt auch auf, wie Clarkes Thesen bis heute nachwirken.
    Der Griff in die Vergangenheit ist gar nicht nötig. Die heutigen Gender Studies sind großenteils Sexismus gegen Männer, getarnt als Wissenschaft. man rätselt, wie ein Experte das übersehen kann.
  12. Etwa in einem Militärcollege in Virginia, das noch 1996 behauptete, Frauen seien den Anforderungen der Ausbildung körperlich und psychisch nicht gewachsen
    Frauen sind starken Anforderungen an die Körperkraft und Ausdauer i.a. nicht gewachsen, nicht nur beim Militär, sondern auch bei der Polizei und bei der Feuerwehr.
  13. [Überschrift] Der klassische Mann ist in der Krise - und ...
    Erneutes Arbeiten mit Ambiguität und unscharfen Begriffen bzw. mit plumpen Sprüchen. Wer ist dieser "klassische" Mann? Was für eine "Krise" hat er? Nun ist Herr Kimmel primär für die USA zuständig, dort haben die Männer in der Tat durch den grassierenden Feminismus eine Krise. Inwieweit der Artikel die Aussage auf Deutschland übertragen will, wissen wir nicht.

    Jedenfalls wird in Deutschland zwar seit ca. 3 Jahrzehnten laufend vom "Mann in der (Identitäts-) Krise" geredet, ausgestorben ist der Mann als solcher aber immer noch nicht, und einflußreiche feministische Kreise beschwören nach wie vor die Allmacht des Patriarchats und die resultierende Unterdrückung der Frau, die eine kompensatorische gesetzliche Diskriminierung von Männern alternativlos macht.

    Daher drängt sich schon seit längerem der Eindruck auf, das mantraartige Wiederholen der These vom "Mann in der Krise" sei in Wirklichkeit ein Propagandainstrument und diene nur zur Verunsicherung von Männern und zur Verbreitung von negativen Stereotypen über Männer.

  14. ... sind sich einig, dass sie althergebrachte Rollenbilder ablehnen.
    Ein zentrales Dogma der feministischen Ideologie (und der darauf basierenden Gender Studies) besteht darin, daß konventionelle Geschlechterrollen abzulehnen und zu bekämpfen sind. Hinsichtlich der Rollenbilder besteht keine Wahlfreiheit. Formal wird zwar immer wieder behauptet, man setze sich für das Aufbrechen der Rollenbilder ein. Tatsächlich werden aber ein einheitliches, geschlechtslose Rollenbild propagiert, das in allen Aspekten der Beziehung eine minutiöse Gleichstellung verlangt, am besten mit 50%-Zeitquoten für jede Tätigkeitsart. Abweichungen von diesem geschlechtslosen Rollenbild werden diskreditiert, dieses im eigenen Milieu etablierte Standard-Rollenbild darf nicht aufgebrochen werden.
  15. [Überschrift] Männer "resozialisieren"
    Implizite Aussage (Hypnosetechnik Präsupposition): "Männer" sind grundsätzlich asozial, und zwar in einem Ausmaß, das die Resozialisierung von Männern zu einem gesellschaftlich relevantem Problem macht. Die implizite Aussage ist plattester Sexismus gegen Männer.
  16. Die konkreten Themen in Kimmels Seminaren sind vielfältig ... solche Themen, bei denen deutlich wird, dass dieser Master mehr ist als nur ein exotisches Anhängsel für das Soziologiestudium.
    Hier wird suggeriert, daß Geschlechterverhältnisse in der Soziologie bisher kein Thema waren, eine völlig absurde Unterstellung. In der klassischen wissenschaftlichen Soziologie werden diese allerdings ergebnisoffen untersucht, was bei der Leitung dieses Studiengangs bzw. generell in den Gender Studies nicht erwünscht sein dürfte und nicht zu erwarten ist.

    Um die These "dieser Master ist mehr" zu belegen, müßte man das Curriculum kennen. Solange dieses Curriculum (bzw. jegliche offizielle Inhaltsdarstellung des Studiengangs fehlt), bleibt diese These unbewiesen und ist reine Propaganda.

  17. Denn der klassische Mann ist in der Krise.
    Propagandatechnik: Erzeugen von negativen Stereotypen über unbeliebte Menschengruppen durch mantraartige Wiederholung von pauschalen, herabsetzenden Aussagen.
  18. Doch die meisten Mädchen wollen sich nicht mehr retten lassen.
    Propagandatechnik: Erzeugen von positiven Stereotypen über beliebte Menschengruppen durch mantraartige Wiederholung von pauschalen, heroisierenden Aussagen.
  19. Viele Männer sehnen sich nach Orientierung - oder gleich nach den guten alten Zeiten, Stichwort Trump.
    Hier verstecken sich gleich mehrere implizite falsche bzw. strittige Aussagen:

    • Implizite Aussage: "Viele Männer haben keine Orientierung, sind orientierungslos und sind zu dumm, dieses Problem selber zu lösen."

      Mit "Viele Männer" wird suggeriert, die Aussage würde auf die überwiegende Mehrheit der Männer voll oder weitgehend zutreffen und sei charakteristisch für die Gesamtheit. Aus dem Kontext kann geschlossen werden, daß hier nur Männer im Alter von ca. 20 - 40 Jahren gemeint sind. Selbst mit dieser Einschränkung ist die These unhaltbar. Sehr viele Männer sind nämlich sehr gut orientiert und sehnen sich nicht nach weiterer Orientierungshilfe, haben verstanden, wo und wie sie für dumm verkauft werden und wählen u.a. Protestparteien wie seinerzeit die Piraten und neuerdings die AFD. Am besten orientiert sind die MGTOW, die eine sehr bewußte, nichtkonforme Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse vorgenommen haben und die sehr klare Konsequenzen daraus gezogen haben. Orientierunglos sind am ehesten junge Männer aus dem links-grünen Milieu. Die selektive Berücksichtigung dieses Milieus stellt das Gesamtbild des Orientierungsbedarfs unrichtig und verzerrt dar.

    • Implizite Aussage: "Frauen sehnen sich nicht nach Orientierung, sondern sind im Gegensatz zu Männern bestens orientiert"

      Hypnosetechnik: unzutreffende implizite gegenteilige Aussage über eine komplementäre Gruppe.

    • Hypnosetechnik Ambiguität: "die guten alten Zeiten"

      Es gibt sehr viele alte Zeiten, und welche man ggf. als gut oder schlecht bezeichnen kann. Die Beurteilung hängt vom Aspekt ab, den man betrachtet.

    • Implizite Aussage: "Viele Männer sehnen sich nach bösen Dingen."

      In "Männer sehnen sich ... nach den guten alten Zeiten, Stichwort Trump." klärt uns unser Kontextwissen - Trump ist der Beelzebub schlechthin - darüber auf, daß "Stichwort Trump" als negatives Signal zu interpretieren ist und daß die "guten (?) alten Zeiten" generell schlecht waren, das "gut" also ironisch zu verstehen ist. "Viele Männer sehnen sich..." also nach etwas schlechtem.

      Das hätte man theoretisch auch direkt ausdrücken können, eine direkte Aussage führt aber zum Nachdenken und vermutlich zu einem Widerspruch. Eine implizite Aussage wird genauso verstanden und im Gedächtnis gespeichert, kann aber nicht hinterfragt werden.

Einschätzung der Gender Studies

Soweit die Belegstellen. Aber man soll ja nicht nur kritisieren, sondern auch loben. Ein Lob verdient die Passage
... Arbeit an der Schnittstelle von Wissenschaft und Aktivismus. Das ist vielleicht typisch für die Männlichkeitsforschung. "Neutrale" Soziologen, die zu Geschlechterthemen forschen, gibt es kaum.
Das ist exakt ein zentraler Kritikpunkt an den Gender Studies, die personelle, strukturelle und inhaltliche Verzahnung mit der feministischen Ideologie. Zustimmen kann man auch der Einschätzung:
Der empirische Fokus liegt in den Genderstudies immer noch häufig auf den Frauen
Dies ist konsistent mit dem feministischen Dogma, daß in der Geschlechterfrage alleine Frauen relevant sind, es wird noch einmal bestätigt durch die Einschätzung, daß die isolierte Erforschung von Männern oder Männlichkeit nicht sinnvoll ist, denn:
Wenn man etwa Biografien von Männern erforscht, muss man diese in Relation zum Geschlechterverhältnis setzen und auch die Beziehungen zu Frauen berücksichtigen.
Gender Studies sind also völlig in Ordnung, wenn sie in der Tradition der klassischen Frauenforschung stehen, wo Frauen über Frauen im Interesse von Frauen "forschen" und wo die Sichtweisen und Interessen von Männern als irrelevant betrachtet und ausgeschlossen werden. Mit vertauschten Rollen ist diese einseitige Behandlung hingegen nicht akzeptabel. Dies ist übrigens ein weiterer zentraler Kritikpunkt an den Gender Studies, die systematische Leugnung bzw. Nichtbeachtung einer männlichen Perspektive bei der Analyse der Geschlechterverhältnisse.