GPG-Propaganda

Inhaltsübersicht

Falschaussagen über das GPG

Falschaussagen über das GPG

Falschaussage "Frauen bekommen für die gleiche Arbeit 23% weniger Lohn als Männer."

Diese sehr häufige Aussage bezieht sich auf das unbereinigte Gender Pay Gap (GPG). Sie ist eindeutig falsch, und zwar so eklatant, daß sie von Statistikern gerne als Musterbeispiel für eine "Unstatistik" benutzt wird. Es handelt sich hier um eine verfälschte Version einer anderen Aussage in einer Publikation des Statistischen Bundesamts (2010), die sich auf ungleiche Arbeit bezog; Zitat von dort (Seite v):

... Insgesamt liegt der unbereinigte Gender Pay Gap, das heißt der prozentuale Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen in Deutschland bei rund 23 %. ... Als messbare Hauptursachen des Gender Pay Gap können eine zwischen weiblichen und männlichen Arbeitnehmern divergierende Berufs- bzw. Branchenwahl (vier Prozentpunkte) sowie die ungleich verteilten Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation (fünf Prozentpunkte) identifiziert werden. .... Schließlich trägt auch der höhere Anteil von Frauen in geringfügigen Beschäftigungen zum Gender Pay Gap bei (zwei Prozentpunkte). ... Der bereinigte Gender Pay Gap liegt in Deutschland bei etwa acht Prozent. Dies bedeutet, dass im Durchschnitt Frauen auch dann weniger als Männer verdienen, wenn sie vergleichbare Arbeit leisten. Der ermittelte Wert ist eine Obergrenze. Er wäre geringer ausgefallen, wenn der Berechnung weitere lohnrelevante Eigenschaften - vor allem Angaben zu Erwerbsunterbrechungen - zur Verfügung gestanden hätten.

Von "gleicher Arbeit" kann keine Rede sein: die in das unbereinigte GPG einfließenden Beschäftigungsverhältnisse betreffen ungleich verteilte Berufe, Branchen und Arbeitsplatzanforderungen. Auch die Webseite des Statistischen Bundesamts zu Gender Pay Gap, https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/BevoelkerungSoz ... ap.html, drückt dies klar und deutlich aus:

Aussagen zum Unterschied in den Verdiensten von weiblichen und männlichen Beschäftigten mit gleichem Beruf, vergleichbarer Tätigkeit und äquivalentem Bildungsabschluss sind damit [mit dem unbereinigten GPG] nicht möglich.



Falschaussage "Frauen bekommen für die gleiche Arbeit 6, 7 oder 8% weniger Lohn als Männer."

In älteren Publikationen ist meist von 8% die Rede, in neueren von 7% oder 6%. Diese oft gehörte Falschaussage bezieht sich auf das bereinigte Gender Pay Gap (GPG). Auch hier wird die Aussage des Statistischen Bundesamts grob verfälscht wiedergegeben: dort steht, daß "... Frauen ... weniger als Männer verdienen, wenn sie vergleichbare Arbeit leisten". Auf den Begriff "vergleichbar" kommen wir gleich noch zurück. Dort steht nicht, daß "... Frauen ... exakt 8 % weniger als Männer verdienen, wenn sie vergleichbare Arbeit leisten".

Wieviel genau weniger, weiß das Statistische Bundesamt nicht, es hat auch nicht behauptet, es genau zu wissen, sondern völlig korrekt extra betont, daß nicht alle lohnrelevanten Eigenschaften der Beschäftigungsverhältnisse bekannt waren und insofern das tatsächliche GPG wahrscheinlich irgendwo zwischen 0 und 8% liegt. Wenn man etwas genauer hinsieht, stellt man fest, daß sogar ziemlich viele lohnrelevante Daten fehlen und von daher das tatsächliche bereinigte GPG wesentlich kleiner sein muß als die 8%. Auch der Begriff "vergleichbar" ist vor diesem Hintergrund zu sehen: vergleichbar sind Personen schon dann, wenn die leider unvollständigen Daten des Bundesamts über ihre Qualifikation bzw. den Arbeitsplatz identisch oder sehr ähnlich sind.

Der eigentliche Fehler in der obigen Falschaussage liegt also im Begriff "gleiche Arbeit": damit wird suggeriert, die Daten des Statistischen Bundesamts würden alle lohnrelevanten Eigenschaften enthalten, was nicht stimmt.

Tatsächlich haben zwei andere Analysen, bei denen detailliertere Daten verfügbar waren, so kleine Gender Pay Gaps gefunden, daß diese nicht mehr als statistisch relevant angesehen werden können:

Diverse weitere Untersuchungen zeigen im übrigen, daß die statistische Lohndifferenz stark von weiteren Faktoren abhängt, speziell vom Lebensalter: sie ist sehr klein in den ersten Berufsjahren, groß in den letzten 10 Berufsjahren.
Insofern ist die immer wieder anzutreffende pauschale Aussage, alle Frauen würden gleichmäßig 7, 8 oder 23% weniger Lohn als Männer erhalten, falsch bzw. eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit (von Aussagenden, denen die Wahrheit eigentlich bekannt sein müßte).
Quellen
USA
Intensiv mit ähnlichen Falschaussagen über Gehaltslücken wird auch in den USA gearbeitet, z.B. in der 2013 State of the Union Ansprache von President Obama. Dafür bekam er von Fact-Checker Glenn Kessler 2 Pinocchios verliehen, die Falschaussagen waren so offensichtlich, daß man danach eine "misleading rhetoric on gender pay gap" einräumte. Tatsächlich existiert in den USA ein seit ca. 2005 vielfach diskutiertes negatives bzw. umgekehrtes GPG: jüngere Frauen verdienen in vielen Regionen der USA deutlich mehr als Männer, vor allem in den Großstädten.
Quellen


Falschaussage: "Das Gender Pay Gap wird durch Diskriminierung von Frauen verursacht."

Hier handelt es sich um den häufigen (s. z.B. die die Desinformationskampagne der ZEIT) logischen Fehlschluß, von einer Korrelation zwischen Geschlecht und Lohn auf eine Kausalität zu schließen. Der Fehlschluß führt dann zu einer falschen Tatsachenbehauptung, Frauen würden bei der Bezahlung diskriminiert.

Dieser Fehlschluß kommt oft in Verbindung mit dem unrichtig dargestellten Gender Pay Gap (GPG) vor, ist von der konkreten Art und Größe des GPG aber unabhängig.

Der prinzipielle Denkfehler
Der Denkfehler, einen Nachteil als Beweis für eine Diskriminierung anzusehen, tritt in diversen feministischen Argumentationen auf. Ein positives GPG ist ein statistischer Nachteil für Frauen, ein negatives GPG ein statistischer Vorteil. Eine Diskriminierung unterstellt begrifflich, daß eine gesellschaftliche Gruppe oder Wirkstruktur einen Nachteil für eine andere Gruppe erzeugt und deswegen dafür verantwortlich ist.

Nachteile (und Vorteile) können aber viele Ursachen haben. Eine alternative Theorie besagt, daß Frauen weniger Wert auf Karriere legen und mehr Wert auf ein Privat- bzw. Familienleben, also in statisch relevantem Ausmaß andere Präferenzen haben. Noch eine (unhöfliche) Theorie besagt, daß Frauen keine Lust haben sich abzurackern und es auch nicht brauchen, weil die Männer dies tun und ihnen das Geld in der Ehe oder durch Sozialtransfers auch ohne eigene Leistung zufließt. Keine dieser Theorien, insb. die diffuse Diskriminierungsannahme, wird durch das GPG auch nur entfernt bewiesen. Soziale Theorien kann man nur direkt beweisen.

Gegenbeispiele
Die Unsinnigkeit dieser Schlußfolgerung erkennt man am einfachsten anhand einiger anderer Beispiele, in denen Lohndifferenzen zwischen Bevölkerungsgruppen auftreten, die durch erfaßte statistische Merkmale nicht erklärbar sind:
  • Wenn positive GPGs eine Diskriminierung von Frauen beweisen, dann müßten negative GPGs eine Diskriminierung von Männern beweisen - ein politisch im Staatsfeminismus unvorstellbarer Gedanke.
  • Das bereinigte GPG ist bei Selbständigen noch viel höher als bei Angestellten. Als "Schuldige" des üblicherweise berichteten GPGs werden stets die Arbeitgeber angesehen. Erwähnt werden muß in diesem Zusammenhang, daß in die vielfach zitierte Destatis-Erhebung nur abhängig Beschäftigte einbezogen sind, nicht hingegen Selbständige:
    "In der VSE 2006 werden alle im Produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich .... beschäftigten Arbeitnehmer abgedeckt. Neben den Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten beinhaltet die Erhebung auch Angaben zu geringfügig Beschäftigten, Arbeitnehmern in Altersteilzeit sowie Auszubildenden. Selbständige werden nicht in die Erhebung einbezogen."
    Für Selbständige wurde eine separate Analyse durchgeführt:

    Daniel S.J. Lechmann, Claus Schnabel: What explains the gender earnings gap in self-employment? Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Erlangen, 03.2012. https://doku.iab.de/externe/2012/k120402r07.pdf

    Das unbereinigte Gap beträgt hier 44 %, davon sind nur 22 % auf die bekannten Einflußfaktoren zurückführbar. Es verbleibt eine Differenz von ca. 20 %, die nicht auf die bekannten Einflußfaktoren zurückführbar ist. Die Ursachen für diesen sehr hohen Rest von ca. 20 % konnten bislang noch nicht erklärt werden. Es ist aber offensichtlich ausgeschlossen, daß die üblichen Verdächtigen, die Arbeitgeber, die "Schuldigen" sein können.

  • Asiaten diskiminieren Schwarze und Weiße in den USA!?

    In den USA werden die Durchschnittsverdienste zusätzlich nach ethnischen Gruppen unterschieden, s. Median weekly earnings of full-time wage and salary workers, by sex, race, and ethnicity, 2009. Demnach liegen die Verdienste von Weißen nahe dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, die von Asiaten deutlich darüber und die von Schwarzen und Hispanics / Latinos deutlich darunter. Asiaten verdienen insg. rund 50% mehr als Schwarze. Die Schlußfolgerung, daß die Asiaten die Schwarzen und Latinos diskriminieren oder daß Arbeitgeber für die gleiche Arbeitsleistung Asiaten rund 50% mehr als Schwarzen bezahlen, ist aber offensichtlich absurd.

Die vorstehenden Beispiele zeigen deutlich, daß Gehaltsdifferenzen kein Beweis für Diskriminierungen sind, Die Erkenntnis "Gehaltsdifferenzen beweisen nicht das Vorhandensein von Diskriminierungen" bedeutet natürlich umgekehrt nicht, daß damit die Abwesenheit von Diskriminierungen bewiesen wäre. Diskriminierungen können durchaus vorhanden sein, sogar von Männern, aber weder das Vorzeichen noch die Höhe der Diskriminierungen kann alleine aus statistischen Gehaltsdifferenzen abgeleitet werden.
Beispiel: die Desinformationskampagne der ZEIT
Ein besonders krasses Beispiel für die Verbreitung der Falschaussage von der Diskriminierung ist die Desinformationskampagne, die die ZEIT seit Jahren betreibt. Die ZEIT blendet seit langem bei fast allen Artikeln zum GPG als scheinbar sachliche Information eine Informationsbox ein, z.B. in einem Artikel von Frauenministerin Schwesig vom 14.07.2016 (und in weiteren Artikeln vom 05.03.2012, 20.03.2012, 23.03.2012, 16.04.2012, 14.06.2012, 04.09.2012, 24.10.2012, 08.11.2012, 08.11.2012, 14.01.2013, 21.03.2013, 18.03.2014, 21.03.2014, 02.03.2015, 10.03.2015, 20.03.2015, 20.03.2015, 13.08.2015, 16.03.2016, 23.03.2016, 06.05.2016, 14.06.2016, 26.06.2016, 07.10.2016, 20.10.2016). Diese "Sachinformation" behauptet:
... trotzdem beträgt der [bereinigte] Gehaltsunterschied nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland fast acht Prozent. Es ist davon auszugehen, dass dieser Unterschied aufgrund von bewusster oder unbewusster Diskriminierung zustande kommt.
Nein, davon ist nicht auszugehen, das bereinigte GPG ist nicht Folge von Diskriminierungen, sondern vor allem Folge von fehlenden Daten! Die Aussage der Zeit widerspricht außerdem direkt der Aussage des Statistischen Bundesamts, daß ein tatsächlich bereinigtes GPG kleiner als 8% ist. Ferner existiert ein bunter Strauß an soziologischen Theorien über die Ursachen des GPG, die man durchweg nicht als Diskriminierungen interpretieren kann.


Falschaussage "'Frauenberufe' werden schlechter bezahlt als 'Männerberufe'."

Eine Variante dieser Falschaussage mit besonders melodramatischem Unterton ist "'Frauenberufe' werden weniger wertgeschätzt als 'Männerberufe'", wobei hier die hochmoralische Wertschätzung nur im profanen Stundenlohn gemessen wird.

Eine Variante dieser Falschaussage ist "Die Gehaltslücke schließt sich, wenn mehr Frauen typische 'Männerberufe' übernehmen." (z.B. hier: Spiegel Online, 18.03.2016). Diese Prognose enthält als implizite Aussage die obige Falschaussage, 'Männerberufe' seien besser bezahlt.

Eine weitere Variante ist die Behauptung: "Mit der Verweiblichung eines Berufs sinken seine Löhne." Mehr hierzu s.u..

Diese i.w. äquivalenten Falschaussagen sind Grundlage unzähliger Maßnahmen, mit denen Frauen überredet werden sollen, "Männerberufe" zu ergreifen.

Die begriffliche Trickserei liegt hier in der Pauschalisierung "die Berufe" und dem komplett undefinierten Begriff "besser bezahlt".

Männerberufe
Ein Männerberuf ist laut Duden ein "Beruf, der besonders für Männer geeignet ist bzw. vorwiegend von Männern ausgeübt wird". Analog kann man Frauenberufe definieren. Die beiden in der Definition genannten Kriterien sind strukturell völlig verschieden.

Bei einer relativ großen Gruppe von Berufen im Handwerk, Bauwirtschaft oder Militär ist Körperkraft und Ausdauer wichtig; für diese Berufen eignen sich nur sehr wenige Frauen, Frauen wären hier nicht kosteneffizient und haben ein erheblich größeres Verletzungs- und Ausfallrisiko. Diese Berufe sind daher aus biologischen Gründen Männerberufe. Es ist völlig sinnlos, ihre Bezahlung mit Frauenberufen zu vergleichen, weil definitionsgemäß nicht die gleiche Arbeitsleistung verglichen wird.

Das zweite Kriterium ist rein demographisch und lautet, daß der Beruf vorwiegend von Männern ausgeübt wird, aber ohne besondere Probleme auch von Frauen ausgeübt werden könnte. Beispiel: Ingenieur, früher einmal, heute nicht mehr: Arzt oder Richter. D.h. die Klassifizierung 'Männerberuf' ist zeitlich und geographisch nicht konstant und damit gar kein valides Merkmal für einen Beruf im Sinne einer Qualifikation und der typischen Tätigkeiten.

Insg. bleibt weitgehend unklar, was "die Männerberufe" und "die Frauenberufe sind, typischerweise werden in den Debatten ein bis zwei Beispiele, die geeignet sind, Neidkomplexe auszulösen, willkürlich herausgepickt.

"besser bezahlt"
Der Begriff "besser bezahlt" ist für die unklar abgegrenzten Männer- bzw. Frauenberufe völlig unklar bzw. substanzlos und eine klassische Doublespeak-Technik (Hypnosetechnik Ambiguität).

Generell sind die Versuche, die Falschaussage durch Vergleich einzelner 'Männerberufe' und 'Frauenberufe' zu "bewiesen", hochgradig defizitär und dienen nur der Stimmungsmache (mehr dazu anschließend). Umgekehrt kann man fragen, ob es denn valide Beweise oder zumindest plausible Hinweise gibt. Das Faktum, das man das GPG nahezu vollständig bereinigten kann, kann als weitgehende Widerlegung der Falschaussage angesehen werden: die Bereinigung führt die Lohndifferenzen auf Qualifikationsmerkmale u.a. Faktoren zurück, nicht hingegen auf das Geschlecht. Wenn tatsächlich alleine ein hoher Frauenanteil in einem Beruf zu einer Lohnsenkung führen würde, müßte das Geschlecht auch als statistisch relevanter und quantifizierter Einflußfaktor erscheinen.

In den Debatten wird die pauschale Falschaussage meist durch Vergleich einzelner 'Männerberufe' und 'Frauenberufe' "bewiesen". Die verglichenen Berufe weisen typischerweise aber erhebliche Unterschiede in der Dauer der Ausbildung, also der Investition in ein Studium bzw. die persönliche Qualifikation auf, sind also gar nicht sinnvoll vergleichbar. Die oft beneideten Ingenieure hatten seinerzeit ein Studium mit einer Regelstudienzeit von 10 Semestern (+ Praktika), das ziemlich hart war und tatsächlich i.d.R. 12 - 14 Semester dauerte. Im Vergleich dazu sind viele 'Frauenberufe' Ausbildungsberufe, bei denen man 4 - 6 Jahre früher fertig ist und beginnt, Geld zu verdienen. Letztlich werden hier Äpfel mit Birnen verglichen, dann von "besser bezahlt" zu sprechen ist Dummenfang.

An dieser Stelle muß wieder einmal auf die Liste der lohnrelevanten Einflußfaktoren für die vergleichsweise gut verdienenden Ingenieure verwiesen werden. Ein Blick auf die Einflußfaktoren zeigt sofort, daß ein Ingenieurabschluß alleine keineswegs ein überdurchschnittliches Einkommen garantiert, sondern lange Betriebserfahrung, die richtige Branche, die Betriebsgröße u.a. Faktoren hinzukommen. Die Behauptung, der akademische Abschluß bzw. Beruf alleine wären entscheidend für ein gutes Gehalt bzw. die "bessere Bezahlung", ist Dummenfang, dies blendet alle anderen lohnrelevanten Faktoren aus. Diese monokausale Begründung der hohen Gehälter ist nicht haltbar: Hauptursache für höhere Löhne sind die höheren Bildungsinvestitionen, die Wahl profitabler Branchen und weitere o.g. Faktoren.

Falschaussage: "Mit der Verweiblichung eines Berufs sinken seine Löhne."
Diese These besagt erstens, daß man empirisch die historische Beobachtung machen kann, daß mit dem Übergang vom einem früher männlich dominierten oder neutralen Beruf zu einem weiblich dominierten die Stundenlöhne sinken. Zweitens wird implizit behauptet, alleine der hohe Frauenanteil sei Ursache dieser Lohnsenkung.

Mit "sinken" dürfte i.a. nicht gemeint sein, daß die Löhne tatsächlich sinken (das kommt nur sehr selten vor), sondern daß sie nicht ähnlich wie "vergleichbare" Berufe steigen.

Zunächst bleibt hier offen, ob besonders viele und wichtige Berufe unter diese Definition fallen. Die meisten Frauen streben nach wie vor wenige weiblich dominierte Berufe an, an dieser Hitparade ändert sich kaum etwas. Sofern man überhaupt Veränderungen feststellen will, muß man sehr lange Zeiträume betrachten - 20 oder 50 oder 100 Jahre. In diesen langen Zeiträumen können sich das Berufsbild, die Position dieses Berufs auf dem Arbeitsmarkt (z.B. Verknappung von Arbeitskräften oder Überschuß durch Arbeits-Immigration) und weitere lohnrelevante Faktoren ganz erheblich verändern. Dies gilt ebenfalls für die zum Vergleich benutzten Berufe. D.h. alleine die These, daß sich die Bezahlung "eines Berufs" verändert hat, macht die unzulässige Annahme, "ein Beruf" sei etwas historisch und hinsichtlich der Lohnfindung konstantes (das gilt auch nicht für neutrale oder männerdominierte Berufe).

Speziell in Deutschland und im Zeitraum der letzten 40 - 50 Jahre sind zeitliche Lohnvergleiche von "einem Frauenberuf" insofern problematisch, als in diesen Zeitraum eine enorme Bildungsexpansion stattfand, die in mehreren Branchen zu einer massiven Vergrößerung des Angebots an weiblichen Arbeitskräften führte. Da sich zugleich nicht das Angebot an männlichen Arbeitskräften entsprechend verringerte, kam es zu einem Überangebot an Arbeitskräften.

Beispiel: Wenn bei einem bisherigen Frauenanteil von 20% die Zahl der Frauen vervierfacht wird und die Zahl der Männer konstant gehalten wird, würden danach jeweils 80 Frauen 80 Männern gegenüberstehen, die Frauenquote würde 50% betragen und das Gesamtangebot an Arbeitskräften würde 160% des vorherigen Angebots betragen. Es ist aber stark zu bezweifeln, daß sich das Angebot an - gut bezahlten - Arbeitsplätzen im gleichen Maße erhöht. Es kommt zu einem Preisverfall der Arbeit, ein Phänomen, das unter dem Schlagwort Überakademisierung in großem Umfang zu beobachten ist und das zu berechtigten Zweifeln führt, ob sich ein Studium immer lohnt.

Zusammengefaßt ist die Behauptung, eine Verweiblichung eines Berufs würde seine Löhne senken, in dieser Pauschalität unklar, unbewiesen, in vielen Einzelfällen sogar falsch und ein plumper Appell an das notorische Gefühl von Frauen, überall diskriminiert zu werden.



Falschaussage "In der DDR gab es kein GPG."

Nach dem 2. Weltkrieg wurde sowohl in der BRD als auch der DDR die Gleichberechtigung (also rechtliche Gleichstellung) von Männern und Frauen im Grundgesetz verankert. In der DDR wurde darüber hinaus die soziale Gleichstellung von Männern und Frauen planwirtschaftlich erzwungen. Männer und Frauen hatten nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zu arbeiten. Details s. Berufstätigkeit von Frauen in der Wikipedia. Unterstützt wurde die Berufstätigkeit von Frauen durch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, namentlich die staatlich überwachte Kindererziehung. Daß gleiche Arbeit von Männern und Frauen gleich bezahlt wurde, verstand sich von selbst, weder in der BRD noch in der DDR gab es geschlechtsanhängige Tarife.

Nach den gängigen feministischen Theorien waren damit alle Bedingungen erfüllt, um das GPG auf statistisches Rauschen zu reduzieren. Nach Stephan (1990) betrug 1988 das unbereinigte GPG in der DDR immerhin 16%. Eine Hauptursache war, daß Frauen häufig die weniger qualifizierten und schlechter bezahlten Arbeiten ausführten. Daneben spielte eine Rolle, daß körperlich schwere belastende Arbeiten besser bezahlt, aber nur von Männern ausgeübt wurden, ferner Nachtzuschläge überwiegend von Männern eingenommen wurden.

Das Beispiel DDR ist einer deutlichsten Beweise, daß man von einem GPG nicht auf ungerechte Entlohnungen oder Diskriminierungen schließen kann, dies ist ein Fehlschluß.

Literatur
  1. Helga Stephan, Eberhard Wiedemann: Lohnstruktur und Lohndifferenzierung in der DDR - Ergebnisse der Lohndatenerfassung vom September 1988. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 23. Jg./1990, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2013. https://doku.iab.de/mittab/1990/1990_4_mittab_stephan_wiedemann.pdf


Falschaussage "Wegen des Gender Pay Gaps tritt vor allem die Frau in den Jahren nach der Geburt beruflich kürzer."

Diese Falschaussage wird z.B. hier von der bekannten feministischen Bloggerin Christine Finke ("Mama arbeitet") verbreitet.

Wenn man davon ausgeht, daß der weniger verdienende Ehepartner aus finanziellen Gründen die Hauptlast der Kinderbetreuung übernimmt, dann sind hierfür Gehälter vor der Geburt des ersten Kinds wesentlich. Erstgebärende haben ein Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren. Relevant sind also die Gender Pay Gap (GPGs) für maximal die Alterskohorten bis ca. 30 - 35 Jahre. Nach einer auch von Feministinnen vielzitierten Publikation des Statistischen Bundesamts Finke (2010), dort S.32, beträgt das unbereinigte GPG für die Altersklassen

  • 24 Jahre und jünger: 2,0 %,
  • 25 bis 29 Jahre: 8,5 %,
  • 30 bis 34 Jahre: 14,2 %
  • 35 bis 39 Jahre: 21,2 %
  • 40 bis 44 Jahre: 25,6 %
  • 45 bis 49 Jahre: 26,4 %
  • 50 bis 54 Jahre: 27,1 %
  • 55 bis 59 Jahre: 29,1 %
  • 60 Jahre und älter: 29,5 %
Typischerweise liegt das bereinigte GPG bei ca. einem Viertel des unbereinigten GPGs. Bis zu einem Alter von rund 30 Jahren liegt das bereinigte GPG also grob geschätzt bei 2 - 3 %. Es ist daher vernachlässigbar, zumal wegen der Streuung der Werte in ungefähr gleich vielen Fällen der Mann bzw. die Frau den höheren Verdienst haben wird.


Falschaussage "Ein Teil des (bereinigten) GPGs wird durch unterschiedliche Zugangschancen auf bestimmte Tätigkeitsfelder oder Leistungsgruppen verursacht."

Diese teilweise versteckte Behauptung findet sich u.a. in einer DESTATIS-Publikation, die vielfach zitiert wird. Der volle Wortlaut ist:
Der unbereinigte Gender Pay Gap betrachtet den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied in allgemeiner Form. Auf diese Weise wird auch der Teil des Lohnabstands erfasst, der durch unterschiedliche Zugangschancen beider Geschlechtergruppen auf bestimmte Tätigkeitsfelder oder Leistungsgruppen verursacht wird. Beim statistisch bereinigten Gender Pay Gap hingegen werden diese strukturellen Unterschiede herausgerechnet.
Diese Argumentationen arbeitet ausgesprochen hinterhältig mit Begriffsverschiebungen und impliziten unbewiesenen Behauptungen.

Die Doppeldeutigkeit des Begriffs "Chance"
Implizit wird behauptet, es gäbe eine nicht näher spezifizierte soziale Wirkstruktur namens "Zugangschance". Der Begriff "Chance" wird zwei diametral verschiedenen Bedeutungen benutzt:
  1. als rein statistischer Wert, also die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Dinge zu tun. Die Chance, daß ein Mann Grundschullehrer wird, ist wesentlich kleiner als bei einer Frau.
  2. Mit "Chance" meint man vor allem im Kontext von Chancengleichheit soziale Wirkmechanismen, die die beobachteten Verteilungen auf Berufsgruppen, Fächer o.ä. bewirken. Sie werden aber fast nie genauer angegeben, sondern nur unheilschwanger angedeutet. Beispielsweise ist die Chance eines Manns, Gleichstellungsbeauftragter zu werden, sehr gering, denn fast alle einschlägigen Gesetze reservieren diesen Arbeitsmarkt für biologische Frauen. Diese Gesetze stellen einen benennbaren Wirkmechanismus dar, sind also eine soziale Struktur, die Männer strukturell diskriminiert. Der Anteil der Männer an den Grundschullehrern und Sekretären ist ebenfalls sehr gering, aber nicht durch ein Gesetz oder eine andere soziale Struktur verursacht, sondern durch höhere Präferenzen für andere Berufe.
Die Frage ist nun, welche Bedeutung der Begriff "Chance" in der obigen Argumentation "das GPG wird teilweise ... durch unterschiedliche Zugangschancen beider Geschlechtergruppen ... verursacht" hat.
  • unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten:
    Unterschiedliche "Chancen" im Sinne unterschiedlicher Wahrscheinlichkeiten sind offensichtlich vorhanden. Die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten ergeben sich aus den gleichen Daten, aus denen das GPG berechnet wird, sie sind eine sehr vereinfachte statistische Analyse der Daten. Diese Wahrscheinlichkeiten als Ursache des GPGs hinzustellen, ist sinnlos, weil beide auf den gleichen Daten basieren. Die Argumentation wird bei dieser Begriffsvariante von "Chance" zu einer nichtssagenden Tautologie.
  • diskriminierende soziale Wirkmechanismen:
    Die ebenfalls mitgemeinte Bedeutung von "unterschiedlichen Zugangschancen" im Sinne diskriminierender sozialer Wirkmechanismen (wie z.B. Zugangsbeschränkungen zu Stellen von Gleichstellungsbeauftragten) ist hier frei erfunden. Es werden keinerlei Belege benannt bzw. konkrete Wirkmechanismen angedeutet (vgl. soziologische Erklärungsmodelle für das GPG). Die reine Statistik ist aber kein Beweis für eine soziale Wirkstruktur.
M.a.W. wird hier die Doppeldeutigkeit des Begriffs "Chance" sehr geschickt eingesetzt: die erste Definition suggeriert durch ihre mathematische Grundlage Glaubwürdigkeit, ist aber eine Luftnummer. Die zweite Definition bleibt bei vagen Andeutungen und dient als trojanisches Pferd, um nebenbei die Existenz potentiell diskriminierender Praktiken zu "beweisen".

Der Effekt der suggerierten Wirkmechanismen ist nicht quantifizierbar
Geschickterweise wird auch das Ausmaß, also der statistische Anteil, den diese unterschwellig postulierten Wirkmechanismen verursachen sollen, offengelassen. Deswegen ist die Aussage "[es] wird auch der Teil des Lohnabstands erfasst, der durch unterschiedliche Zugangschancen ... verursacht wird" sogar überraschenderweise formal korrekt: es wird ja nicht ausgeschlossen, daß dieser Anteil Null ist, die leere Menge ist aber automatisch in jeder anderen Menge enthalten. Natürlich macht die Aussage keinen Sinn, wenn die unterschwellig postulierten Wirkmechanismen gar keinen Effekt haben.

Implizit wird hier also die unbewiesene Hypothese aufgestellt, es gäbe relevante diskriminierende Wirkmechanismen und sie hätten einen Effekt, der über dem statistischen Rauschen und der Rechenungenauigkeit der Schätzverfahren liegt. Statistiken können aber die Existenz sozialer Wirkmechanismen prinzipiell nicht beweisen. Einen argumentativen Salto rückwärts macht nun der letzte Satz

Beim statistisch bereinigten Gender Pay Gap hingegen werden diese strukturellen Unterschiede herausgerechnet.
Hier wird ad hoc der neue unklare Begriff "strukturelle Unterschiede" eingeführt, mit dem unterschiedliche "Zugangschancen" gemeint sein dürften. Aus den Daten herausrechnen kann man aber nur Einflußfaktoren, zu denen entsprechende Daten vorliegen. Deswegen kann man die Wirkung dieser hypothetisierten, unbekannten diskriminierende Wirkmechanismen nicht quantifizieren und nicht herausrechnen.

Dies ist der eigentlich relevante, wenngleich gut versteckte Desinformation in dieser Argumentation, und in diesem Sinne wird sie auch regelmäßig in feministischen Medien interpretiert: Es wird suggeriert, das bereinigte GPG sei durch diskriminierende soziale Wirkmechanismen verursacht (während es in Wirklichkeit Folge fehlender Daten ist).