Zur Zeit schwappt eine Welle der Empörung durch
grün/feministische Kreise, weil ein Mann (Hubert Ulrich) es
gewagt hat, für ein politisches Spitzenamt zu kandidieren
und die Wahl auch noch zu gewinnen und anzunehmen. Genauer
gesagt ging es um Platz eins der Landesliste der Grünen im Saarland bei der
Bundestagswahl.
Wenn man sich ein wenig mit den Grünen und der
Geschlechterthematik auskennt, kann einen der Vorfall nicht
überraschen, er ist im Gegenteil nachgerade zwangsläufig: In
ihrem Frauenstatut
realisieren die Grünen schon seit über 30 Jahren ein
effektives Matriarchat, das Frauen (genauer gesagt Frauen*)
alle Spitzenplätze auf Wahllisten und weitere Privilegien
zuteilt. Das Frauenstatut ist eklatant verfassungswidrig. Personen aufgrund ihrer
biologischen Merkmale zu Menschen zweiter Klasse zu machen,
gilt üblicherweise als Rassismus:
Offensichtliche Ursache für die allgemeine Unkenntnis des
Frauenstatuts und seiner Bedeutung ist die langjährige
Kumpanei des ÖRR und großer Zeitschriften wie ZEIT oder SZ
mit den Grünen. Diese ist grundsätzlich kein Geheimnis, sie wird
zumindest ab und zu thematisiert, eine Unterstützung der
Grünen wird von den Betroffenen natürlich entrüstet
zurückgewiesen.
Wegen der möglichen Bedeutung der Vorgänge im Saarland ist
es trotzdem sinnvoll, sich die Berichterstattung des ÖRR,
also hier des Saarländischen Rundfunks, der offenbar als
einziger vor Ort dabei war und somit die primäre Quelle
darstellt, genauer anzusehen.
Der Bericht bzw. Kommentar von SR-Landespolitik-Chef Michael
Thieser ist ein klassisches Hit-piece gegen den auf
den Spitzenplatz gewählten Ex-Landeschef Hubert Ulrich.
Ulrich sei "der grüne Panzer", sein Comeback
"konnte nicht verhindert werden", der "Preis für die Wahl
von Ulrich sei hoch", weil die Grünen im Saarland sich damit
selbst zerlegt hätten. Ulrich wurde übrigens mit 95:47:2
(ja:nein:Enthaltung) Stimmen gewählt. Rund zwei Drittel der
Stimmen zu bekommen gilt normalerweise als ordentliches
Resultat und breiter Vertrauensbeweis. Nicht so in diesem
Fall, zumindest für den SR-Landespolitik-Chef Thieser.
Thieser zufolge "erinnert das Abstimmungsverhalten und
rigorose Vorgehen [der Ulrich-Unterstützer] mehr an eine Sekte
als an eine politische Partei". Deren offenbar wahnhafter
Zustand scheint für Thieser die einzig denkbare Erklärung zu
sein, "dass selbst die weiblichen Delegierten ... das
eigene Frauenstatut außer Kraft setzten".
Thiesers Äußerungen können als Höhepunkt des
Qualitätsjournalismus im ÖRR bezeichnet werden. Sein
Entsetzen, der im Frauenstatut verankerte
Geschlechterrassismus könnte einen Moment lang außer Kraft
gesetzt gewesen sein, spricht Bände für sein
Demokratieverständnis. Aus seinem ganzen Text spricht eine
kaum zu steigernde Sorge um das Wohlergehen der
radikalfeministischen Fraktion bei den Grünen.
Ob seine Behauptung stimmt, das Frauenstatut sei außer Kraft
gesetzt worden, ist im übrigen nicht restlos klar, dazu sind
die Berichte zu ungenau. Mehr dazu weiter unten.
Die etwas weniger prominenten Journalisten des
Saarländischen Rundfunks weichen in ihren Darstellungen und
Einschätzungen kaum von der Linie ihres
SR-Landespolitik-Chefs ab.
Carolin Dylla ist
überzeugt, der Spitzenplatz sei bei den Grünen für ein Frau
reserviert, sie ist in großer Sorge, die "ohne Not"
stattfindenden Flügelkämpfe könnten zu einer Spaltung der
Partei und zu einem machtpolitischen Fiasko führen.
Sie scheint inständig auf den feministischen Endsieg mit
Baerbock als Bundeskanzler zu hoffen.
Der ausführliche Bericht von Henrich und Dylla läßt ebenfalls kaum Zweifel
daran, welchem Flügel die Sympathien gelten.
Weitere Berichte in der Presse, z.B. im Spiegel, im Merkur
und in
der Süddeutschen
(1), scheinen i.w. auf den Berichten des SR zu basieren,
sind jedenfalls keine eigenständigen Augenzeugenberichte.
Die oberste Matriarchin Annalena Baerbock und die komplette
Bundesparteizentrale sind jedenfalls entsetzt über den
Fehltritt der Saarländer ("Wir haben uns das anders
gewünscht.") Diversen Berichten zufolge wird eine
juristische Anfechtung der Wahl angestrebt, entweder durch
ein parteiinternes Schiedsgericht oder durch normale
Gerichte.
Ob tatsächlich gegen das Frauenstatut, also die Wahlordnung,
verstoßen worden ist, ist nicht restlos klar. Kurzer Exkurs
hierzu: Zunächst hatte die bisherige Landesvorsitzende Tina
Schöpfer für den Spitzenplatz kandidiert. Sie erreichte aber
in 3 Wahlgängen nur jeweils unter 30% der Stimmen und war
damit gescheitert ("wurde brutal abserviert" laut Thieser).
Sofern danach keine weitere Frau kandidierte, konnte die
Wahlversammlung gemäß § 1 Mindestquotierung, Absatz
(2) den Frauenplatz freigeben (für die Kandidatur
von Männern). Laut Henrich
und Dylla wurde die Chefin der Grünen Jugend und
stellvertretende Landesvorsitzende Jeanne Dillschneider für
Listenplatz 1 vorgeschlagen (vermutlich hat sie sich
auch zur Kandidatur bereit erklärt). Offenbar geschah dies
nach der Nichtwahl von Tina Schöpfer und vermutlich
auch nach der Freigabe der Bewerbungsmöglichkeit für Männer
(andernfalls ist die Freigabe schwer vorstellbar).
Hier stellt sich nun die Frage, ob die nachträgliche
Kandidatur von Jeanne Dillschneider einen früheren
Freigabe-Beschluß der Versammlung ungültig machte. Im
Frauenstatut ist dieser Fall nicht explizit geklärt. Wenn
man indes den feministischen Geschlechterrassismus als
grundlegendes Ziel der Norm ansieht, ist der Fall natürlich
klar: zumindest während der Wahlversammlung macht in der
vorliegenden Konstellation die Kandidatur einer Frau die
Zulassung oder sogar Wahl eines Mannes ungültig, daher auch
die Empörung von Baerbock und Co.
Es bleibt nur zu hoffen, daß die Gerichte diesen Fall
öffentlich klären. Um über einen nicht explizit
ausformulierten Grenzfall zu entscheiden, müßte nämlich der
normative Gehalt des Frauenstatuts - die Diskriminierung von
Männern - ausformuliert werden. Dann würde aber endlich in
einem offiziellen Kontext die Frage diskutiert werden, ob
die Aufhebung von Grundrechten (z.B. passives Wahlrecht) und
die eklatante Verletzung von Art. 3 GG mit Art. 21
(1) GG vereinbar sind. Nach Art. 21 (1) GG muß die
innere Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen
entsprechen, das ist hier eindeutig nicht der Fall.
Welcher Flügel der saarländischen Grünen bei dem Streit
gewinnt, ist egal. Hauptgewinner könnte die Demokratie sein,
wenn die Verfassungswidrigkeit des Frauenstatuts endlich
offiziell festgestellt wird.
Keine der Journalist*Innen, die die aktuell die
Nichteinhaltung des Frauenstatuts beklagen, scheint bemerkt
zu haben bzw. hat es kommentiert, daß auch bei der letzten
Bundestagswahl ein Mann (Markus Stefan Tressel) auf Platz 1
der Landesliste der Grünen stand und seitdem Abgeordneter im Bundestag ist. Zumindest im
Saarländischen Rundfunk sollte dies nicht unbekannt sein. Die Wahl von Tressel war indes
konform zur damals geltenden Satzung des Landesverbands.
Weil das Saarland ein sehr kleines Bundesland ist und
realistischerweise nur eine Person eine Chance hat, über die
Landesliste in den Bundestag zu kommen, konnten für Platz 1
Männer und Frauen kandidieren. Die folgenden Plätze wurden
geschlechterseparierend vergeben. Diese Satzung war nicht
konform zum bundesweiten Frauenstatut, daher wurde dagegen
geklagt. Das grüne Bundesschiedsgericht war nicht der
Meinung der Landesspitze, daß hier eventuell Männer
diskriminiert werden, und verbot die geschlechtsneutrale
Regelung.
In der Wahlversammlung, in der Hubert Ulrich auf Platz 1 der
Landesliste für die Bundestagswahl 2021 gewählt wurde, wurde
Iryna Gaydukova auf Platz 2 dieser Liste gewählt. Wenn
Ulrich den Aufforderungen zurückzutreten gefolgt wäre, wäre
sie voraussichtlich über die Landesliste Mitglied des
Bundestags geworden. Ferner wurde Gaydukova zur
stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes gewählt.
(Zum Vorsitzenden wurde Ralph Rouget gewählt.)
Am 24.06.2021 kursierte ein zweiminütiges Video in den
sozialen Netzwerken, das vermutlich aus der Wahlversammlung
stammt. Es zeigt Gaydukova, der Fragen zu Kernthemen der Grünen gestellt werden
(CO2-Emissionshandel, Fahrradpolitik und Klimaschutz vs.
soziale Gerechtigkeit). Sie kann auf keine der drei Fragen
auch nur ansatzweise antworten und blickt überwiegend
hilflos in die Kamera. Unklar ist, ob neben diesen drei
Fragen Dutzende weitere Fragen gestellt wurden, bei denen
sie einen kompetenteren Eindruck hinterlassen hat. Die
Reaktionen auf dieses Video kann man sich denken. Als Folge
davon trat Gaydukova mit sofortiger Wirkung aus der Partei aus.
Die völlige Überforderung von Gaydukova ist ein
Musterbeispiel für die Folgen von Frauenquoten. Gaydukova
ist erst 2018 politisch aktiv geworden und in die Partei
eingetreten. M.a.W. war und ist sie ein politischer
Anfänger. Ein Mann hätte nicht den Hauch einer Chance, in
diesem Reifestadium so hohe Positionen zu erreichen. Wegen
ihrer massiven Privilegierung fallen Frauen hingegen "die
Treppe hinauf". Gaydukova litt womöglich unter starker
Selbstüberschätzung, man muß dies allerdings damit
relativieren, daß die sexistischen Strukturen bei den Grünen
eine solche Selbstüberschätzung regelrecht provozieren.
Neben Gaydukova sind inzwischen weitere Personen von Ämtern
zurückgetreten, u.a. aufgrund der massiven Einflußnahme des
Bundesvorstands der Grünen gibt es erhebliche Turbulenzen.
Bemerkenswert ist auch hier wieder die Berichterstattung im ÖRR: Der
Rücktritt von Gaydukova wird nur im Kontext der Klagen gegen
Ulrich erwähnt, das Skandalvideo wird mit keinem Wort
erwähnt. Ein uninformierter Leser kann nur schlußfolgern,
daß Ulrich bzw. seine Unterstützter (sozusagen das
Patriarchat) Ursache von Gaydukovas Rücktritt war.
"Rassisten betrachten Menschen, die ihren eigenen Merkmalen möglichst ähnlich sind, meist als höherwertig, während alle anderen (oftmals abgestuft) als geringerwertig diskriminiert werden."Das grüne Matriarchat ist daher definitionsgemäß Geschlechterrassismus. Diese Form von Rassismus regt in den öffentlichen Debatten aber niemand besonders auf - im Gegensatz zu anderen, auch nur subtilen Formen von Rassismus (z.B. jemanden nach seiner Herkunft zu fragen), bei denen Männer, insb. alte, weiße oder heterosexuelle Männer, als Täter im Verdacht stehen. Diese langjährig etablierten Doppelstandards und das Totschweigen des grünen Geschlechterrassismus durch unsere Medien kann man, wenn man sarkastisch veranlagt ist, als Faszinosum bezeichnen. Ein weiteres Faszinosum ist, daß weite Teile der Bevölkerung, darunter sogar Wähler der Grünen, das Frauenstatut gar nicht zu kennen scheinen. Nach diversen Einzelberichten führt das neue Wissen, was die Grünen tatsächlich unter Geschlechtergerechtigkeit verstehen, zu einem schlagartigen Zugewinn an politischer Bildung und zu einem sinnvolleren Wahlverhalten. Die aktuellen Vorgänge um die Wahl im Saarland könnten eventuell wesentlich zur Steigerung der allgemeinen politischen Bildung beitragen.
Die Kumpanei der Mainstream-Medien
Offensichtliche Ursache für die allgemeine Unkenntnis des
Frauenstatuts und seiner Bedeutung ist die langjährige
Kumpanei des ÖRR und großer Zeitschriften wie ZEIT oder SZ
mit den Grünen. Diese ist grundsätzlich kein Geheimnis, sie wird
zumindest ab und zu thematisiert, eine Unterstützung der
Grünen wird von den Betroffenen natürlich entrüstet
zurückgewiesen.
Wegen der möglichen Bedeutung der Vorgänge im Saarland ist
es trotzdem sinnvoll, sich die Berichterstattung des ÖRR,
also hier des Saarländischen Rundfunks, der offenbar als
einziger vor Ort dabei war und somit die primäre Quelle
darstellt, genauer anzusehen.
Der Bericht bzw. Kommentar von SR-Landespolitik-Chef Michael
Thieser ist ein klassisches Hit-piece gegen den auf
den Spitzenplatz gewählten Ex-Landeschef Hubert Ulrich.
Ulrich sei "der grüne Panzer", sein Comeback
"konnte nicht verhindert werden", der "Preis für die Wahl
von Ulrich sei hoch", weil die Grünen im Saarland sich damit
selbst zerlegt hätten. Ulrich wurde übrigens mit 95:47:2
(ja:nein:Enthaltung) Stimmen gewählt. Rund zwei Drittel der
Stimmen zu bekommen gilt normalerweise als ordentliches
Resultat und breiter Vertrauensbeweis. Nicht so in diesem
Fall, zumindest für den SR-Landespolitik-Chef Thieser.
Thieser zufolge "erinnert das Abstimmungsverhalten und
rigorose Vorgehen [der Ulrich-Unterstützer] mehr an eine Sekte
als an eine politische Partei". Deren offenbar wahnhafter
Zustand scheint für Thieser die einzig denkbare Erklärung zu
sein, "dass selbst die weiblichen Delegierten ... das
eigene Frauenstatut außer Kraft setzten".
Thiesers Äußerungen können als Höhepunkt des
Qualitätsjournalismus im ÖRR bezeichnet werden. Sein
Entsetzen, der im Frauenstatut verankerte
Geschlechterrassismus könnte einen Moment lang außer Kraft
gesetzt gewesen sein, spricht Bände für sein
Demokratieverständnis. Aus seinem ganzen Text spricht eine
kaum zu steigernde Sorge um das Wohlergehen der
radikalfeministischen Fraktion bei den Grünen.
Ob seine Behauptung stimmt, das Frauenstatut sei außer Kraft
gesetzt worden, ist im übrigen nicht restlos klar, dazu sind
die Berichte zu ungenau. Mehr dazu weiter unten.
Die etwas weniger prominenten Journalisten des
Saarländischen Rundfunks weichen in ihren Darstellungen und
Einschätzungen kaum von der Linie ihres
SR-Landespolitik-Chefs ab.
Carolin Dylla ist
überzeugt, der Spitzenplatz sei bei den Grünen für ein Frau
reserviert, sie ist in großer Sorge, die "ohne Not"
stattfindenden Flügelkämpfe könnten zu einer Spaltung der
Partei und zu einem machtpolitischen Fiasko führen.
Sie scheint inständig auf den feministischen Endsieg mit
Baerbock als Bundeskanzler zu hoffen.
Der ausführliche Bericht von Henrich und Dylla läßt ebenfalls kaum Zweifel
daran, welchem Flügel die Sympathien gelten.
Weitere Berichte in der Presse, z.B. im Spiegel, im Merkur
und in
der Süddeutschen
(1), scheinen i.w. auf den Berichten des SR zu basieren,
sind jedenfalls keine eigenständigen Augenzeugenberichte.
Juristisches Nachspiel?
Die oberste Matriarchin Annalena Baerbock und die komplette
Bundesparteizentrale sind jedenfalls entsetzt über den
Fehltritt der Saarländer ("Wir haben uns das anders
gewünscht.") Diversen Berichten zufolge wird eine
juristische Anfechtung der Wahl angestrebt, entweder durch
ein parteiinternes Schiedsgericht oder durch normale
Gerichte.
Ob tatsächlich gegen das Frauenstatut, also die Wahlordnung,
verstoßen worden ist, ist nicht restlos klar. Kurzer Exkurs
hierzu: Zunächst hatte die bisherige Landesvorsitzende Tina
Schöpfer für den Spitzenplatz kandidiert. Sie erreichte aber
in 3 Wahlgängen nur jeweils unter 30% der Stimmen und war
damit gescheitert ("wurde brutal abserviert" laut Thieser).
Sofern danach keine weitere Frau kandidierte, konnte die
Wahlversammlung gemäß § 1 Mindestquotierung, Absatz
(2) den Frauenplatz freigeben (für die Kandidatur
von Männern). Laut Henrich
und Dylla wurde die Chefin der Grünen Jugend und
stellvertretende Landesvorsitzende Jeanne Dillschneider für
Listenplatz 1 vorgeschlagen (vermutlich hat sie sich
auch zur Kandidatur bereit erklärt). Offenbar geschah dies
nach der Nichtwahl von Tina Schöpfer und vermutlich
auch nach der Freigabe der Bewerbungsmöglichkeit für Männer
(andernfalls ist die Freigabe schwer vorstellbar).
Hier stellt sich nun die Frage, ob die nachträgliche
Kandidatur von Jeanne Dillschneider einen früheren
Freigabe-Beschluß der Versammlung ungültig machte. Im
Frauenstatut ist dieser Fall nicht explizit geklärt. Wenn
man indes den feministischen Geschlechterrassismus als
grundlegendes Ziel der Norm ansieht, ist der Fall natürlich
klar: zumindest während der Wahlversammlung macht in der
vorliegenden Konstellation die Kandidatur einer Frau die
Zulassung oder sogar Wahl eines Mannes ungültig, daher auch
die Empörung von Baerbock und Co.
Es bleibt nur zu hoffen, daß die Gerichte diesen Fall
öffentlich klären. Um über einen nicht explizit
ausformulierten Grenzfall zu entscheiden, müßte nämlich der
normative Gehalt des Frauenstatuts - die Diskriminierung von
Männern - ausformuliert werden. Dann würde aber endlich in
einem offiziellen Kontext die Frage diskutiert werden, ob
die Aufhebung von Grundrechten (z.B. passives Wahlrecht) und
die eklatante Verletzung von Art. 3 GG mit Art. 21
(1) GG vereinbar sind. Nach Art. 21 (1) GG muß die
innere Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen
entsprechen, das ist hier eindeutig nicht der Fall.
Welcher Flügel der saarländischen Grünen bei dem Streit
gewinnt, ist egal. Hauptgewinner könnte die Demokratie sein,
wenn die Verfassungswidrigkeit des Frauenstatuts endlich
offiziell festgestellt wird.
Nachtrag 1: Auch bei der BTW 2017
ein Mann an der Spitze der grünen Landesliste
Keine der Journalist*Innen, die die aktuell die
Nichteinhaltung des Frauenstatuts beklagen, scheint bemerkt
zu haben bzw. hat es kommentiert, daß auch bei der letzten
Bundestagswahl ein Mann (Markus Stefan Tressel) auf Platz 1
der Landesliste der Grünen stand und seitdem Abgeordneter im Bundestag ist. Zumindest im
Saarländischen Rundfunk sollte dies nicht unbekannt sein. Die Wahl von Tressel war indes
konform zur damals geltenden Satzung des Landesverbands.
Weil das Saarland ein sehr kleines Bundesland ist und
realistischerweise nur eine Person eine Chance hat, über die
Landesliste in den Bundestag zu kommen, konnten für Platz 1
Männer und Frauen kandidieren. Die folgenden Plätze wurden
geschlechterseparierend vergeben. Diese Satzung war nicht
konform zum bundesweiten Frauenstatut, daher wurde dagegen
geklagt. Das grüne Bundesschiedsgericht war nicht der
Meinung der Landesspitze, daß hier eventuell Männer
diskriminiert werden, und verbot die geschlechtsneutrale
Regelung.
Nachtrag 2: Turbulenzen
um die Zweitplazierte, Iryna Gaydukova
In der Wahlversammlung, in der Hubert Ulrich auf Platz 1 der
Landesliste für die Bundestagswahl 2021 gewählt wurde, wurde
Iryna Gaydukova auf Platz 2 dieser Liste gewählt. Wenn
Ulrich den Aufforderungen zurückzutreten gefolgt wäre, wäre
sie voraussichtlich über die Landesliste Mitglied des
Bundestags geworden. Ferner wurde Gaydukova zur
stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes gewählt.
(Zum Vorsitzenden wurde Ralph Rouget gewählt.)
Am 24.06.2021 kursierte ein zweiminütiges Video in den
sozialen Netzwerken, das vermutlich aus der Wahlversammlung
stammt. Es zeigt Gaydukova, der Fragen zu Kernthemen der Grünen gestellt werden
(CO2-Emissionshandel, Fahrradpolitik und Klimaschutz vs.
soziale Gerechtigkeit). Sie kann auf keine der drei Fragen
auch nur ansatzweise antworten und blickt überwiegend
hilflos in die Kamera. Unklar ist, ob neben diesen drei
Fragen Dutzende weitere Fragen gestellt wurden, bei denen
sie einen kompetenteren Eindruck hinterlassen hat. Die
Reaktionen auf dieses Video kann man sich denken. Als Folge
davon trat Gaydukova mit sofortiger Wirkung aus der Partei aus.
Die völlige Überforderung von Gaydukova ist ein
Musterbeispiel für die Folgen von Frauenquoten. Gaydukova
ist erst 2018 politisch aktiv geworden und in die Partei
eingetreten. M.a.W. war und ist sie ein politischer
Anfänger. Ein Mann hätte nicht den Hauch einer Chance, in
diesem Reifestadium so hohe Positionen zu erreichen. Wegen
ihrer massiven Privilegierung fallen Frauen hingegen "die
Treppe hinauf". Gaydukova litt womöglich unter starker
Selbstüberschätzung, man muß dies allerdings damit
relativieren, daß die sexistischen Strukturen bei den Grünen
eine solche Selbstüberschätzung regelrecht provozieren.
Neben Gaydukova sind inzwischen weitere Personen von Ämtern
zurückgetreten, u.a. aufgrund der massiven Einflußnahme des
Bundesvorstands der Grünen gibt es erhebliche Turbulenzen.
Bemerkenswert ist auch hier wieder die Berichterstattung im ÖRR: Der
Rücktritt von Gaydukova wird nur im Kontext der Klagen gegen
Ulrich erwähnt, das Skandalvideo wird mit keinem Wort
erwähnt. Ein uninformierter Leser kann nur schlußfolgern,
daß Ulrich bzw. seine Unterstützter (sozusagen das
Patriarchat) Ursache von Gaydukovas Rücktritt war.
Anmerkungen
(1) Der Artikel von Constanze von Bullion in der Süddeutschen ist extrem lesenswert. Nach von Bullion konnte die "Nervensäge" bzw. der "Trickser" Ulrich, den ja eigentlich niemand kennt und der auch sonst eine Unperson ist, das "grüne Frauenstatut ausmanövrieren", weil sich "das Patriarchat im Saarland offenbar besonderer Ausdauer erfreut". Mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun. Den Text als Hit piece zu bezeichnen wäre eine Untertreibung, es ist eher eine Art Tobsuchtsanfall aufgrund parteipolitischer Frustration.
Quellen
- Felix Durach: Grüne Revolte im Saarland: "Affront gegenüber dem gesamten Bundesvorstand" - Baerbock not amused. Merkur, 22.06.2021. https://www.merkur.de/politik/baerbock-gruene-saarland- ... 95.html
- Carolin Dylla: Kommentar zum Landesparteitag der Saar-Grünen. Saarländischer Rundfunk, SR3, Audio 02:06 Min., 21.06.2021. https://www.sr-audiothek.de/index.php?seite=7&id=104114
- Jan Henrich, Carolin Dylla: Hubert Ulrich ist zurück bei den Grünen. Saarländischer Rundfunk, 20.06.2021. https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaf ... 00.html
- Baerbock kritisiert Grünenliste im Saarland. Spiegel, 21.06.2021. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/annalena-bae ... 1c8f756
- Michael Thieser: Chaos, Tumulte und ein Déjà-vu. Saarländischer Rundfunk, 21.06.2021. https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaf ... 00.html
- Constanze von Bullion: Der grüne Trickser. Süddeutsche, 22.06.2021. https://www.sueddeutsche.de/meinung/hubert-ulrich-die-gruenen-saarland-1.5330043
- Carolin Dylla, Diana Kühner-Mert, Klaus Pliet, Melina Miller: Beben bei den Saar-Grünen: Rouget geht, Ulrich will bleiben. SR, 25.06.2021. https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaf ... 00.html
- Drei Fragen: Video von Grünen-Politikerin macht sprachlos und hat Folgen. Express, 25.06.2021. https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/drei-frag ... AALrlMb
- Skurriler Auftritt: Die frisch gekürte Grünen-Bundestagskandidatin kann keine Frage beantworten. Focus, 25.06.2021. https://www.focus.de/politik/deutschland/skurriler-auft ... 59.html
- Grünen-Kandidatin blamiert sich bei Fragerunde. RTL, 25.06.2021. https://www.rtl.de/cms/gruenen-kandidatin-blamiert-sich ... 17.html
- Marc Felix Serrao: Studie: Deutsche Politik-Journalisten beurteilen Parteien auf Twitter streng - nur zu den Grünen sind sie nett. NZZ, 25.06.2021. https://www.nzz.ch/international/studie-deutsche-journa ... 1632232
- Video: Grüne blamiert sich mit Wissenslücken - mit Folgen. WAZ, 25.06.2021. https://www.waz.de/politik/gruene-saarland-video-irina- ... 71.html